III, 225 – Stirbt die Träne, versiegt der Bach

Abermalster Abend mit Pao Casals und den Cellosuiten von Bach. Dahinter bauen sich Aleppo und das Morden dort und der Tabaccaio auf, der mich heute so ansprach: “Che vuoi, Auschwitz?” Ich guckte mich im Laden um, ging zur Tür zurück, um so zu tun, als suchte ich nach dem phantomatischen Auschwitz, der aber nicht auftauchen wollte. Er lenkte ein: “Allora Berlino, Norimberga…”. Was ihm so einfällt zu Utschland. Gibt mir aber keinen Stich mehr.
Stirbt die Träne, versiegt der Bach… Nee, werter Casals, spielen Sie bitte weiter!
Und so bleibt mir nichts als nur noch ein Zitat als quasi Brücke zum gestrigen Märchen:

Ganz in Gedanken ein Wäldchen streifend,
waren Frauen drin, nach Blumen schweifend,
– Diese hier und jene hier –
erklang’s – Oh, da! wie fein! –
– Was ist’s, oh sag, was ist’s? –
– Eine Lilie, die ist mein! –
– Pflück rasch die Veilchen dir. –
– Ah! was sticht das Dornenzeug! –
– Die da schafft’s, das sag‘ ich euch. –
– Ei, ei, was springt denn da? –
– Mich dünkt’s ’ne Grille, nein? –
– Kommt her, oh, eilt herbei:
sammelt die Rapunzeln ein. –
– Die da? sind keine, na?! –
– Doch, doch, sind welche! –
– Du da,
oh du, ja,
komm her,
komm her:
der Pilze wegen. –
– Da drüben,
da drüben,
seht doch, die Kräuter. –
– Laßt uns eilen,
das Wetter ist gar nicht geheuer! –
– Blitze zucken! –
– Donner rucken! –
– Schon läutet’s Vesper. –
– Aber nein! Noch nicht mal die Non‘! –
– Hört, hört,
der Nachtigall lieblichen Ton:
„Hübsche Maid,
Lieb‘ und Leid.“ –
– Ich spür’… mir fehl’n die Wort’… –
– Was denn? –
– Ja, was und wo? –
– In dem Busche dort. –
Die Hand hinein, hinaus und wieder ’nein,
dieweil Getöse auf Getös‘ sich türmt,
und eine Natter kommt herausgestürmt.
– Oh, daß dich…! – Elendige! –
– Weh mir! –
Und wie sie voll Angst die Flucht ergreifen,
da regnet’s herab in dicken Streifen.
Die eine rutscht,
die andere fällt,
noch eine sticht sich den Fuß.
Zu Boden geh’n Girlanden;
die läßt, was sie gesammelt, jene straucht:
glücklich die, die zu laufen vermag.
So starr stand ich und schaute ohne Unterlaß:
kaum merkt ich’s, und ich war – plitschnaß.

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