SPRECHERIN 1 Rauschen.
SPRECHERIN 2 Es gehen Schritte über das Land. Das Laub ist naß, feiner Regen fällt. Man hört die Regenvögel schlagen. Es sind tiefe traurige Vögel, die schon vor Jahren ihren Ort verloren haben; man sieht sie nie, man hört sie nur.
SPRECHERIN 1 Schilf.
SPRECHERIN 2 wie von Kreide umrissen
die Spuren zerlegter Maschinen auf dem öligen Boden
O-Ton Döllnsee.
SPRECHERIN 2 das elternhaus wartet
am ende der straße im kühlen flur
der schwere gang des schlafs
SPRECHERIN 1 Ich denke an das Orgelspiel unten im
Kirchenschiff, an mein Lauschen auf den Gewölbekappen und das
Gefühl von Wind, der meine Züge ausstreicht wie Dünensand
und neu zusammenweht. Mein sandiges Gesicht, über das zuckend
die geschwungenen Linien meiner Brauen wandern.
Musik.
Nullsignal.
SPRECHERIN 1 Ausgang. Osten.
SPRECHERIN 2 Woher etwas kommt. Herkunft.
SPRECHERIN 1 Ausgang. Westen. Wohin etwas geht.
SPRECHERIN 2 Woher etwas kommt.
SPRECHERIN 1 aber der Fluß will weiter
durch die Straßen der Stadt
gräbt er sein
neues Bett
SPRECHERIN 2 Übers Arabische Meer
Euphrat und Tigris und Bosporus Donau Moldau
Elbe Saale Unstrut und Helme
Nullsignal.
Nullsignal gefällt mir am besten.
Wer ist ovid?
die/der schreibt hier die besten Sachen
z.B. im Mai
bewohner des nichts
weil sie wie eine eule /
in einem vergessenen /
schließfach und er /
in sich selbst wohnt /
ist das nicht nicht /
nichts
@M. Aber klar, “ovid”, daß Ihnen das Nullsignal am besten gefällt. Sie stehen ja auch auf korrekte Grammatik: “weil sie”, also die Bewohner, “wie eine eule in einem vergessenen schließfach und er in sich selbst wohnt“; die Bewohner wohnt wie die Eule und er in sich selbst. Hut ab.
ja genau vollst gut
was soll mir denn Grammatik?
“Es sind tiefe traurige Vögel” Haben die Tierchen in der Mitte eine Vertiefung? Regenvögel ist eine Sammelbezeichnung für mindestens vier Arten. Wieviele von ihnen haben “schon vor Jahren ihren Ort verloren” und im Fundbüro ist er auch nicht abgegeben worden? Sie ahnen, wohin meine Kritik zielt?
Ja, Stulli. Aber der Erzähler hier muß die Vogelart nicht kennen, deren Laute er hört; er hört die Laute ja dennoch. Im übrigen wird “den Ort verloren” metaphorisch eingesetzt; es geht hier um ein überhaupt erst zu Bestimmendes. Wie in vielen meiner Arbeiten: an ihrem Beginn ist auch dem Autor nicht klar, w a s sie einkreisen. Wäre dem anders, der Text wäre funktional und damit nicht mehr Kunst. (Das mit dem Fundbüro ist selbstverständlich ironischer Unfug, das wissen Sie selbst. Wie Ironie ja insgesamt eine Art autodestruktiver Unfug ist: die distanzierte Affirmation von Entfremdung. Wir aber nähern uns.)
I h r Problem scheint mir aber Rationalisierung zu sein. Wenn Sie sich auf sie verlassen, verlieren S i e den Ort.
herr alban schreiben sie doch mal ein preis aus zur beantwortung der frage, was alles mit ironie
im “positiven” wie “negativen” sinn zu bilanzieren ( konnotieren o.ä. ) wäre.
also mit ihrer zwar berechtigten aber recht einseitigen interpretation von ironie dürften sie den preis selbst nicht gewinnen können. 😉
grüsse
b.
ps – die stühle dürfen nicht knacken wenn die vöglein singen nicht – so passt man
sich an die konvention an und wird mittäter der verdrängung.
naja – was solls.