Die DDR als verlorene Heimat. „im land da wo wir blutrot sind“, WDR3 (2). Daniela Danz. Mutmaßung (1).

Das Gedicht eignet sich Heimat an, aber als eine verlorene, zumindest hoch gefährdete: ebenso, wie Danz in >>>> Pontus dem mythisch klassischen Weg a l l e r Heilssucher folgt, jenem nämlich nach Osten. Der Westen muß diesem Blick nicht nur fremd sein, sondern als Eindringender, Besetzender ist er ihm sogar feindlich gesonnen; völlig egal, ob es sich um Thüringen, um den Balkan, um Afghanistan handelt. Wenn es Sommer wäre / sähe man was man weiß / Aufgegebenes und Abriß / nach der Pappelreihe / die Fabrikbrache / endet der Satz den die / Dagebliebenen buchstabieren, >>>> Zentrale Provinz. Es ist ganz und gar falsch, den Bürgern der sog. Neuen Bundesländer, die doch eigentlich, zu einem Großteil, als deutsche Länder die eigentlich-Alten sind, nachzusagen, sie wünschten sich die Mauer zurück. Selbst, w o einige von ihnen es sagen, wünschen sie es nicht, sondern da handelt es sich um die unbegriffene Trauer um Heimatverlust: nicht „das System“ wünscht man sich zurück, sondern daß einem nicht, wie es geschah, das Land genommen wurde, der Boden, den man nicht aussprechen darf, weil das politisch sofort zu Mißverständnissen führt. Dem kommunistischen Internationalismus entsprach und entspricht weiter der Kapitalismus durchweg: der aber hat den Internationalismus durchgesetzt, auf Kosten der Verbundenheiten, der Naturnähen, der Felder, des Waldrains, die denen „drüben“ ja geblieben waren, so ausgeschlossen vom Warenumgang, wie man sie hielt. Deshalb hat der Osten ein Stück Altes Land bewahrt, das im Westen sofort verschüttet, zubetoniert und mit den immergleichen (äqivalenten) rötlichen Sandsteinplatten für Einkaufsstraßen egalisiert und mit shopping malls überzogen wird, als wüchse dem Land der Hautkrebs. Er wuchs ihm. Daniela Danzens zarter, aber insistierender Blick hält am Verlorenen fest, weil es ein zu Verlierendes ganz werden soll. So auch geht der Blick aus dem Turm übers Land. Selbst den Krieg sieht dieser Blick s o: Wer faltet wer glättet die Wäsche jetzt / wer trägt das Geborgene in die Schränke / schichtet auf das strahlende Weiß: still / ist es winters in den Schränken der Erde / und weiß fällt dein Haar ins Land“, >>>> Serimunt. Die sich angeblich die Mauer zurückwünschen möchten, wünschen sich nicht die Mauer zurück, sondern möchten einfach wieder Nicht-Vertriebene sein. Es geht um Gehörigkeit, westlich: „Identität“ – nicht um politische Parteinahme. Wir Westler verstehen das meist nicht, weil uns dergleichen längst abhanden kam, abhanden gekommen wurde. Danzens Gedichte geben uns eine Ahnung ans Verlorene zurück und daran, was es wert war. Sie sind Erinnerungsgeschenke, wie wenn man einen vergessenen, doch vertraut von irgendwoher herwehenden Geruch in die Nase bekommt.

>>>> Danz 3
Danz 1 <<<<

2 thoughts on “Die DDR als verlorene Heimat. „im land da wo wir blutrot sind“, WDR3 (2). Daniela Danz. Mutmaßung (1).

  1. Arbeitsnotat. Die Frage ist, wie bekomme ich d a s in das Hörstück, ohne es als Kommentar zu sagen? Wie sagt das Hörstück – rein aus den verwendeten Zitaten und Musiken, also aus der Montage – es s e l b s t?

    [Poetologie.]

    (Parallel >>>> Eigner, der Wessi.)

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