III,120 – was tust du, stiller Mond?

Grad an die Tür gehechtet: Kinderstimmen, Frau in Sommerkleid mit einem Tablet fotografierend: “Buona sera!” Waren keine Touristen, liefen alle nur hoch zur Wohnung des Passiflora-Schänders, vermeinte auch, dessen Stimme zu hören. Also eine kleine Peinlichkeit. Wahrscheinlich Besuch aus dem Nirgendwo oder potentielle Käufer. Im letzteren Fall könnte ich ja auf diese Weise sogar abschreckend gewirkt haben. Was ich indes gestern als Festmeile bezeichnete, erwies sich als Freßmeile. Erst gegen 10 fing’s an zu trommeln, hielt sich aber in Grenzen. Überall qualmte es und roch nach gegrilltem Fleisch, was den Appetit gestern abend noch weiter abregte. Und Bier gab’s auch nicht vorm Tabaccaio, sie hatten dieselben 5-Liter-Kisten aus dem Weinkeller dort stehen, mit denen ich selber zu Hause versehen. Ein paar pathetische Proklamationen kamen hinzu zur Einsetzung des ‘Ältestenrates’ (naja, allet wie im Mittelalter (Antiani Populi Civitatis Ameriae – APCA? (zumindest scheinbar zwingende jährliche Identitätsversicherung (nichts dagegen zu sagen, schließlich fahr’ ich Donnerstag selber rechtzeitig zum Schützenfest im einstigen Zonenrandgebiet (auch so ein Identitätszwang)))). Also, ich hab’ nicht weiter rausgeschaut, weiß somit nicht, was das für Leute waren. Dankbar trank indes C2 zuvor eine vom nachmittäglichen Regen übriggebliebene Pfütze aus, hockt auf der Treppe zum Hof. Aber, tut mir leid: ich mag sie, die Katze C2 nicht an mich gewöhnen. Zumal ich ab Donnerstag für längere Zeit fort bin (will eine neue Strecke ausprobieren: über den österreichischen Fernpaß nach Kempten bis zum Beginn der A7 und so München, Nürnberg, Leipzig und Berlin-Hannover-Autobahn vermeiden, ist nur wenig länger als über Leipzig… ah, die Kasseler Berge!). Le travail: marchons, le voilà (Mireille Mathieu wäre absolut fehl am Platz). Ansonsten die Situation von gestern: leerer Platz, Sackleinen hier und dort. Und irgendwann werden sie wieder trommeln (und vielleicht wie gestern die letzten beiden im Zug über den Gleichschritt streiten, der eine war richtig aufgeregt deswegen…). Aber: es geht nicht voran derzeit, und Geschichte wird mitnichten gemacht… 2000 Schulen gesperrt in der Türkei…
Was tust du, am Himmel? sag es mir,
was tust du, stiller Mond?
Am Abend steigst du auf,
ziehst über Wüsten hin und läßt dich nieder.
Bist du noch nicht genug
gewandert so auf immer gleichen Wegen?
Bist du’s nicht müde, diese Lande wieder
und wieder anzuschauen?

Leopardi, Nachtgesang eines wandernden Hirten in Asien (dt. von Hanno Helbling und Alice Vollenweider)

III,119 <<<<

3 thoughts on “III,120 – was tust du, stiller Mond?

  1. Habe heute ein Recamheft bekommen (Giacomo Leopardi, “Canti e Frammenti/Gesänge und Fragmente”, Italienisch/Deutsch) und darin die folgende Übersetzung gefunden:

    Was tust du am Himmel, sage mir, Mond, was tust du,
    stiller, schweigsamer Mond?
    Du erhebst dich am Abend und gehst
    und betrachtest die einsame Erde, dann ruhst du.
    Wirst du es müde nimmer,
    die ewig gleichen Himmelswege zu gehen?
    Bist du’s nicht überdrüssig? Reizt Dich noch immer,
    diese Täler zu sehen?

    (“Nachtgesang eines Hirten, der in Asien umherzog”; übersetzt von Helmut Endrulat)

    Das klingt, nunja, sehr hölzern, jede Eleganz und Anmut, die man oben in der Übersetzung von Helbling und Vollenweider findet, geht der Reclamausgabe zumindest in diesem Gesang praktisch völlig ab. Begebe mich nun auf die Suche nach der anderen Ausgabe, leider nur noch (schwer, wie es scheint), antiquarisch zu bekommen.

    1. stimmt: hölzern und wie rasch mal hinter sich gebracht. schön wär’s, wenn Sie’s auf italienisch lesen könnten. es gibt zwar solche lesungen bei youtube, aber selbst die taugen nichts (am expressivsten vielleicht Carmelo Bene, ohne daß er mich überzeugt): kitschige musikuntermalung zumeist. ich hoff’, Sie finden die ausgabe…

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