Poetik & Skype. Erste Heidelberger Vorlesung. (5). Aus einem Briefwechsel. Präsentation im raumlosen Raum.

„ (…)
Es geht also gerade n i c h t um großen technischen Aufwand, sondern darum, bereits existierende und hochfrequentierte Internet-Plattformen und -Technologien zu nutzen, etwa das Kommunikationsprogramm von Skype. Entsprechende Konten werden völlig unentgeltlich zur Verfügung gestellt; was man braucht, ist allein:
1) DSL-Zugang
2) Computer, bzw. Laptop
3) Webcam und Mikrophon
und
4) jemanden, der die Webcam führt; wobei selbst das unnötig ist, wenn man mit einer Stand-Einstellung arbeitet.

Daß die Bilder vergleichsweise langsam sind, ist nicht hinderlich, sondern bestärkt im Gegenteil das ästhetische Moment, worin die neue Technologie zu einer neuen Wahrnehmungsform wird. (Das hat etwas von der Ästhetik der Handkameras, mit der der junge Godard gearbeitet hat). N i c h t will ich hingegen, daß Mitschnitte der Vorlesungen auf die Uni-Homepage gestellt werden; das liefe zum einen völlig wider das mir vorschwebende Modell, und zum anderen liegt es auf der Hand, daß es für so etwas kaum Feedback gibt. Freilich kann jeder mitschneiden, der das will; w i r hingegen sollten das gerade nicht tun. Auf der Uni-Homepage würde völlig der Hinweis auf eine Skype-Übertragung genügen, mit Nennung des entsprechenden Skype-Namens. Ich meinerseits habe sowieso vor, im Moment, da ich die erste Vorlesung beginne, den Text dieser ersten Vorlesung in Die Dschungel zu stellen. Vorangekündigt (in Der Dschungel) wird dann dieses, sowie daß man über Skype live dabeisein, die Vorlesung aber eben auch mitlesen kann.
Ein solches Skype-Konto öffnete man für jedermann; d.h. jeder, der will, kann sich (z.B. in Form einer Konferenzschaltung) in die Übertragung einwählen und sie mitverfolgen. Man muß nur den Namen des Skype-Kontos öffentlich machen.
D a s ist die Idee. S i e ist Internet-gemäß, nicht hingegen wäre das ein Mitschnitt, der als avi- oder mpg-Datei oder als Stream auf eine Homepage gestellt wird. Die Idee selber ist, umgesetzt, eine bildgewordene Zeit-Mitschrift, was bedeutet: Mitschrift ästhetischer Zeitgenossenschaft. Das von mir als “neu” Bezeichnete ist eben n i c h t, daß eine Aufnahme ins Netz gestellt wird – das entspräche ästhetisch dem Unfug, Anthologien ins Netz zu stellen, die ebensogut nur gedruckt erscheinen könnten; das Neue entspricht vielmehr dem auffälligen Umstand, daß etwa Chats, die doch getippt werden, durchaus nicht der Schriftform zugerechnet werden können, sondern eine spezielle, moderne (nämlich “raumlose”) Form mündlicher Kommunikation sind.
(…)
Ich will darauf in meiner zweiten Vorlesung eingehen, die sich ja um phantastische Räume dreht. Das Internet ist derzeit d a s Paradigma eines phantastischen Ortes. Die erste Vorlesung wird das Internet dagegen noch gar nicht oder allenfalls am Rande als den poetischen Ort erwähnen, der die poetischen Formen einer möglichen Ästhetik der Nach-Postmoderne vorgibt. Die erste Vorlesung wird in ihrer ästhetischen Tendenz ausgesprochen konservativ sein, die zweite genau das sprengen. Erkenntnis springt aus der Differenz und Vermischung.“


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