(CDXXXXVI).
(nie so wahr: Falls jetzt gleich wieder, was auch berechtigt wäre, zugehaun werden sollte: Ich bin mir der semantischen Problematik durchaus bewußt.)
Das Literarische Weblog, gegründet 2003/04 von den Fiktionären.<BR>Für Adrian Ranjit Singh v. Ribbentrop.
(CDXXXXVI).
(nie so wahr: Falls jetzt gleich wieder, was auch berechtigt wäre, zugehaun werden sollte: Ich bin mir der semantischen Problematik durchaus bewußt.)
Gould Deswegen erscheint mir das Summen von Glenn Gould in seinen Aufnahmen als totalitär. Denn er spielt nicht nur die Musik sondern summt sie auch „vor uns“, nimmt uns die Freude am Summen, diese Art allein für sich mit dem Komponisten zu sein. Gould erlaubt uns nicht frei zu hören. In diesem Sinne ist er der einzige, der in die Klaviermusik den Totalitarismus eingeführt hat: und das kann man ihm nicht übelnehmen; als Abglanz seiner Zeit ist er perfekt.
Den mag ich sehr. Zwischen jeder Note hört man die Stille, unsere Stille. Und hier widerspreche ich mich: er ist der einzige, der mir die Stille unserer Zeit hören lässt. Sein Summen ist wohl eine Art Zement, um die punktierte Konstruktion menschlich zu machen. Seine Einsamkeit wird meine.
@Prunier ad Glenn Gould. Selbstverständlich ist das totalitär. Aber das verwundert mich nicht, da Kunst in der Regel totalitär ist… „demokratische Kunst“ halte ich für ein flaues Mißverständnis, das zu Kompromissen, also „schlechter“ Kunst führt, zu k e i n e r Kunst mithin. Hier liegt einer der Gründe, weshalb man sich hüten sollte, Künstler zu Politikern zu machen, hier liegt auch einer der deutschen, in die HitlerKatastrophe führenden Mißverständnisse: Es waren große Künstler versucht, Kunstkriterien auf Politik anzuwenden, wo sie rein gar nichts zu suchen haben, ja eigentlich immer nur Entsetzliches bewirken. In der Kunst selbst wiederum bewirken sie Großes. Werden Kunstkriterien und Politik einander an genähert, sinkt entweder das Niveau – dann geht’s für den Alltagsmenschen gut aus, und der Pop entsteht, der ja tatsächliche demokratisch ist, freilich mit kapitalistischem und letztlich kunstfeindlichem Teufelsfuß -, oder aber es wird unmenschlich.
Anders im Bereich der Kunst selbst: Da bewirken Strenge und Kompromißlosigkeit als Grundbedingung aller wirklichen ästhetischen Arbeit das Kunstwerk mitsamt seinen kathartischen Effekten. Kunst als Kunst reinigt tatsächlich. Wenden Sie hingegen genau diesen Begriff, Reinheit, auf politische Systeme an und machen ihn praktisch, landen Sie immer in der Barbarei einer Diktatur.