Arbeitsjournal. Montag, der 26. März 2007.

9.38 Uhr:
[Villa Concordia Bamberg.]
Meine Güte, war ich müde! Und was hab ich heute geschlafen… schlief bereits um halb zehn ein – so viel Schlaf hatte ich lange nicht mehr. Meinen Nachbericht zur Leipziger Buchmesse – also für den Samstag und Sonntag – finden Sie >>>> hier.
Nun also der definitiv letzte Eintrag aus der Villa Concordia; allenfalls daß ich mich morgen zur Früharbeit noch einmal aus der Villa melde – aber den dann entstehenden Eintrag werde ich wohl erst von Berlin aus einstellen. Ich bin auch gar nicht mehr in „meinem“ Studio mit der Glasfront, sondern in einem im Schlößchen direkt:, worin Kevin McNeal bis zu seiner Abreise am letzten Dienstag gewohnt hat. A u c h schön, sehr geräumig vor allem, aber mir zu viel Stuck unter der Decke; außerdem darf man nicht rauchen. Freilich, der „Fürstenbalkon“ h a t was. Da hier mein DSL nicht (mehr) läuft, geh ich eventuell ins Netz übers Mobilchen ins Netz. Aber eine Zigarette will ich eben auf dem Balkon rauchen und hinübersehen zu meinem vergangenen Studio…Letzte Dinge regeln, um halb elf bring ich das Fahrrad der Freundin zurück, die‘s mir lieh.

12.02 Uhr:
Ganz ohne Verwaltungs-Ärger geht auch dieser letzte, imgrunde nur noch Besuchs- und Erledigungstag in der Villa Concordia Bamberg nicht ab:
Ich hatte letzte Woche im Gemeinschaftsgefrierschrank noch allerlei hiergelassen, weil es sich hätte, ohne aufzutauen, doch nicht mit nach Berlin nehmen lassen, so daß ich es C., der Freundin, die mir ihr Fahrrad über das Jahr lieh, heute früh mitbringen wollte; einzwei Packungen großer Scampi, gefrorenen Schellfisch und Seelachs, auch Fischstäbchen, die für meinen Jungen gedacht gewesen waren und nun C.‘s Kinder hätten erfreuen sollen. Ich guck vorhin vor dem Wegradeln nach, um die Gefrierpäckchen mitzunehmen… da fehlt aus dem Gefrierschrank der ganze untere Schub. Sofort bin ich zur Verwaltung, um nachzufragen. Und was stellt sich heraus? Der hiesige Hausmeister – ein Mann namens Stöcklein, der darauf besteht, Haustechniker genannt zu werden, und der sich einige Male aufs herablassendste den Künstlern gegenüber benommen hat (Zitat, März letzten Jahre: „Ich habe euch kastriert!“), der wiederum zu viel zu wissen scheint, als daß die Direktion sich traute, ihn an die Kandare zu legen – dieser Mann nun habe, erklärt mir Co-Direktorin Weiß, die Gefrierpäckchen „entsorgt“. Denn es seien ja offiziell alle Künstler zum 23. 3. ausgezogen – was ingesamt schon ein fragwürdiges Zwangsverfahren war, da die Stipendien bis zum 31.3. gehen und alles andere an sich goodwill der Künster gegenüber der Hausverwaltung ist. Jedenfalls kann man nur den Kopf schütteln und hoffen, daß diesem Hausmeister mal einer begegnet, der so mit sich n i c h t umspringen läßt, sondern ihm vielleicht mal eins in die Fresse gibt. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen. (Frau Weiß: „Sie ahnen ja nicht, was immer alles hierbleibt, wenn die Künstler wegziehn“ – als begriffe das, worum es hierbei g e h t).

Nachher hab ich mit Direktor Goldmann noch ein Gespräch, weil er mir den von den Kindern verlorenen Schüssel in Rechnung gestellt hat: 5000 Euro, die ich bitte zahlen möchte. Ich hab von der Geschichte ja seinerzeit schon geschrieben – gucken Sie unter SEARCH nach, Sie werden die entsprechenden Einträge wohl finden. Den Jungs war ein Schlüssel 80 Meter vor den Regnitzturbinen ins Wasser gefallen, an einer Stelle, die sich ohne höchste Lebensgefahr gar nicht betreten läßt. Eine Gefahr für das Haus bestand deshalb nie. Aber man hat dennoch die gesamte Schließanlage austauschen lassen – auf meine Rechnung, wie man gern möchte. Unnötig, völlig unnötig, vielmehr rein nach Paragraphenlage gehandelt – und selbst die auf die unmöglichste Art ausgelegt. Mich schert‘s nicht, soll der Direktor das Geld ruhig einklagen – er wird damit nicht durchkommen; aber selbst, käme er durch, auf sämtlichen Kosten sitzenbleiben, weil ich zahlungsunfähig bin und sowieso den Privatkonkurs eröffnen lassen werde.

Dennoch, schau ich hier aus dem Fenster, seh den Barockgarten, die Regnitz, seh rechts hierüber mein altes Studio – dann bin ich imgrunde versöhnt. Und leg mich für den Mittagsschlaf.

19.31 Uhr:
[ICE Bamberg-Berlin.]
Ich fahre nun doch schon heim. A., mit der ich zum Abschied von Bamberg essen gehen wollte, zumal sie mir gerade zu Anfang des Concordia-Aufenthaltes einiges Erleichternde zuteil werden ließ, sagte kurzfristig ab – und da stand ich in dem fremden Studio, hatte das erwartungsgemäß nicht sehr angenehme Gespräch mit Direktor Goldmann hinter mir („Wenn Sie meinen, das tun zu müssen, dann verklagen Sie mich – ich sehe dem mit Freude entgegen… dieser Austausch der Schließanlage war komplett unsinnig… eine Eselei, wenn ich das mal s o sagen darf..“) und dachte: Was willst du jetzt noch hier? So packte ich denn alles zusammen, was noch zusammenzupacken war und zog selbst für den Zug zu früh davon. Stand eine Minute vor dem Briefkasten draußen, zögerte – dann warf ich den Schlüssel hinein. Brachte bei A. die mir geliehene Bettwäsche vorbei, legte sie, wie gewöhnlich, bei ihr vor der Haustür im Flur ab, legte eine Ausgabe MEERE bei Volltext hinzu, auf die ich oben noch eine Widmung schrieb, – gab in der Videotheke um die Ecke meinen Ausleih-Ausweis zurück, bekam eine kleine Gutschrift in bar, – dann stapfte ich davon, den Rucksack am Rücken und links und rechts an den Armen die vollgestopften Reisetaschen. Vorm Bahnhof ward auf den kleinen Stufen noch ein wenig meditiert; ich hatte nicht länger als sonst gebraucht, um hinzukommen, sogar noch meinen Liter Milch, einen Kohlrabi für den -dampf unterwegs und Schokoriegel habe ich kaufen können, und hatte dann immer noch über eine halbe Stunde Zeit.
Nun sitz ich hier und habe trotz meines tiefen Mittagsschlafes immer noch die Messe wie einen müden Kater im Körper. Zudem gab‘s eine Unstimmigkeit mit >>>> marebuch, die wahrscheinlich nur ungeschickt formuliert war, auf die ich indes wie eine Viper, die man im Schlaf stört, reagierte, also daß ich sofort per Mail zurückbiß… wovon ich nun wieder eine leichte schmerzhafte Magenattacke habe… jedenfalls bin ich so richtig schlaff. Dabei würde ich gerne arbeiten, etwa mir den gestern notierten Gedichtentwurf vornehmen oder auch an die Elegien gehen. Aber ich weiß nicht so recht, ob ich schon dazu in der Lage bin.

Jedenfalls ist die Zeit in der VILLA CONCORDIA BAMBERG nunmehr



___________________>>>> V O R B E I _______________________.



23.42 Uhr:
[Berlin, Küchentisch.]
Ich fand keine innerliche Schlummerruhe und ging deshalb d o c h an die Dritte Elegie. Mühsamer Wiedereinstieg, aber dann löste ich ein noch in der Ersten verbliebenes Daktylen-Problem, völlig unerwartet, und sofort funktionierte die Arbeit dann auch wieder an der Dritten, deren Hexameter-Überarbeitung ich tatsächlich noch abschloß. So daß ich dann in der S-Bahn von Südkreuz, neugierig >>>> Barbara Bongartz‘ neuen Roman – “Der Tote von Passy” – zu lesen begann, der s e h r schön beginnt (auf die S. 29 las ich mich vor bis zur Schönhauser Allee).
Jetzt noch ein Bier und ein Gläschen eines privatdestillierten Edel-Apfelbrandes, der mir auf der Messe „zulief“, weil man nicht mehr als 100 ml im Flugzeug transportieren darf – eine mir übrigens neue Vorschrift, die ich auch nicht recht verstehe. Werden terroristische Anschläge vermittels schwerer Alkoholika befürchtet, namentlich von Moslems? Die Bevormunderei wird immer irrer.

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