Inszenierte oder sonstwie gestaltete (etwa geschriebene) Provokationen, auch wenn sie kritisch gemeint sind, befriedigen oft, was sie so attackieren: Im Sexuellen wird immer auch ein Vouyeurismus bedient, allerdings unterm Mäntelchen moralischer Distanzierung: Seht her, wie schlimm es zugeht auf der Welt und entrüstet euch (genießt es)! W i r k l i c h provokant ist da nur die Affirmation: Ja, ich quäle g e r n e. Erst das pflanzt Aufmerksamkeit und Mitleid in Betrachter Hörer Leser. Und eine tätige Abwehr.
Doch da niemand andres gleich bei der Hand ist, um die innere Wut zu kühlen, trifft sie den Künstler, der so etwas wagte (er wagte ja auch, den Rezipienten die gerechte Lust aus ihrer kritischen Distanz zu nehmen): Schon wird er von den Leuten als Unhold beschimpft. In Sexualbereichen etwa gilt er dann als so frauenfeindlich, wie es in Wirklichkeit seine Kritiker sind, die ihre moralische Distanz mit ihm wieder zu teilen verlangen, damit sie das, was sie ablehnen wollen, um so besser genießen können.