[Ich wittere hier etwas Wichtiges. Es könnte den Pop erklären. Könnte Konsalik und Pilcher erklären. Könnte auch Hollywood erklären. Und das abgeschnittene Ohr van Goghs.]
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9 thoughts on “Interessanter Eintrag im Buchclub.”
klingt wie action contra poesie, und ist es wahrscheinlich auch. für mich gilt: romane lassen sich verschlingen in einem zug, die sprache treibt die handlung voran (als musterbeispiel wieder NABOKOV: Gelächter im Dunkel! – ganz anders als Das Bastardzeichen, das ich z.zt. lese). dann gibt es romane, die mich nicht in die handlung verwickeln, sondern in die sprache selbst, wo satz für satz steine im weg liegen, die sich im denken materialisieren, und nach und nach das weiterlesen immer mehr zu einem kampf mit mir selbst machen (beispiele: Jean Paul und Beckett).
der ansatz zu dem, von dem Sie meinen, darin wichtiges zu wittern, müßte hiervon ausgehen: hie handlung, hie sprache (und natürlich auch musiksprache, kinosprache).
😉
kann leider nicht vergleichen
weder konsalik noch pilcher gelesen
will über niemanden urteilen
jedem das was ihm gefällt
und heute (wenn ich mich so umsehe [nicht hier]) kann man dankbar sein wenn menschen noch bücher zur hand nehmen
in einer gesellschaft die uns alles im tv vorkaut
(ich sehe gerne fern und sammle dvds)
aber
noch lieber vertiefe ich mich in ein buch
sehe bilder
spüre fremde gedanken
die meine werden
und lebe mit
die sprache … … der sound. der „poetische sound“, gegenüber dem nicht „poetischen“ sound (z.b. goetz). oder auch gegenüber anderen poetischen sounds (z.b. delillo). sound=erkenntnisprogramm.
sound of brecht, sound of kafka (+). sound of thomas mann, sound of jünger (-).
sound of herbst: nicht meiner. aber das herbst-PROJEKT ist interessant. am interessantesten im blog.
(der einwand von nichtmaedchen war nicht so trivial.
abgesehen davon wird ja auch konsalik wegen der sprache gelesen.)
Schon das Wort „sound“ stört mich. Da tanzt bereits der US-Kulturimperialismus durch den Kopf. Also eine sprachliche Konditionierung (Sozialisierung), die Europa seelisch zur Kolonie gemacht hat. Woran die furchtbaren Tausend zwölf Jahre schuld sind.
Ich sage also lieber „Klang“…. und schon bekommt „sound of thomas mann“ eine völlig andere Semantik. Kafkas Klang hat dann immer etwas von schwitzenden Füßen und sexueller Verklemmung. Thomas Manns von verdrängter Homosexualität, Ernst Jüngers von einem Kriegstrauma, das notgedrungenermaßen anal strukturiert ist. All diese Wirkungen gehen bei „sound of“ komplett positivistisch verloren.
Bei Brecht bin ich – vom Theater abgesehen – einverstanden.
sound vs. klang … … ist interessant. klingt wie pop-sozialisation vs. 1900-revival-sozialisation. aber das mit dem kulturimperialismus ist natürlich unfug.
ebenso interessant: dass hier „klang“ aufgeladen ist mit spätfreudianischer tiefenvermutung. das stimmt schon: „sound of“ löscht ganz bewusst alle diese tiefenwirkungen. was natürlich meinecke gesagt haben könnte, den ich mag, aber kaum lese. jedoch nietzsche schon vor 1900: „die alten griechen waren oberflächlich, aus tiefe“. es gibt auch irgendetwas von hofmanntsthal in der richtung.
aber was ich eigentlich anregen wollte: der frage nachspüren, was das spektrum ausmacht zwischen „poetischer sprache“ (kunstprosa) und der ja keineswegs unpoetischen hier (blogprosa). ein aus der blogprosa geborenes buch, das immer neu die schmerzgrenze zwischen alltag und sprachwelt auskostet und ausgekocht-postmodern vermisst, das würde ich gern lesen.
wie die besten autoren von diaristischer literatur, die sich ausgefeilte selbstverletzende und erkenntnisfördernde versuchsanordnungen konstruieren: frisch II (doch, wirklich), fühmann (überraschenderweise), undine gruenter (noch überraschender), sogar rühmkorf (weisheit hinter den kalauern), goetz natürlich sowieso (zeitgenössisches projekt schreiben/leben in radikalster form), paul wührs verschrobenes tagebuch („der faule strick“), handke (naheliegend, aber „gewicht der welt“: sein bestes buch), brinkmann („erkundungen“ …, viel weniger „rom blicke“) …
ein buch, das das herbst-projekt selbst zum gegenstand macht.
Nö, ist kein Unfug. Ich meine das schon sehr ernst und hänge im übrigen an „spätfreudianischen Tiefenwirkungen“. Und wer merken will, daß Nietzsches Satz ein provozierendes Aperçu war, dem er, der kluge, sehr schnell andere Gedankenfiguren entgegenstellte – flirrendes Denken eben -, muß sich nur seinen Begriff des Dionysischen auf der Zunge zergehen lassen – abgesehen davon, daß das Griechenlandbild seiner Zeit durchaus noch nicht f a r b i g war; davon wissen wir ja erst seit neuestem.
„Ausgekocht-postmodern“… – da kann ich jetzt nur fragen, inwieweit Sie „Thetis“ oder auch „Buenos Aires“ kennen, also meine ersten beiden Anderswelt-Bücher? Gegen Wührs, Pardon, kleinzelliges Talent möcht ich denn doch Thomas Pynchon halten oder den frühen Gaddis der „Fälschung der Welt“, – Sprachkunstwerke, die etwas können, was man auch bei Rainald Goetz, der mich nur langweilt, tatsächlich nicht findet: nämlich G e s c h i c h t e n erzählen. Im übrigen lebt Goetz meinem Eindruck nach nicht radikal, sondern kindisch; was bei einem so gebildeten Mann sicher aufhörte, hätte er seinerseits ein Kind und w ä r e nicht nur eins. Wenn er über 50 ist, nämlich bald, wird die Sache nurmehr peinlich sein. Bei Fühmann gebe ich Ihnen allerdings rundum recht, zu Rühmkorf fand ich, eben wegen der Kalauer, nie einen Draht. Mein Verhältnis zu Brinkmann ist gespalten, schon deshalb, weil wir ja denselben Lektor haben.
„Ein Buch, das das Herbst-Projekt selbst zum Gegenstand macht“ fände ich unergebig selbstreferent. Es erinnert einfach zu sehr an Schriftsteller, die über Schriftsteller schreiben. Als Sujet ist kaum etwas öder. Stellen Sie sich mal einen Tischler vor, der in jedem Tisch seine Tischlerei Form annehmen läßt. Sowas hätten auch Sie nicht gern im Wohnzimmer stehen. Nein, das Buch, das Sie lesen möchten, entsteht h i e r: Die Dschungel s i n d das Buch.
Aber wir sind halt gänzlich verschieden sozialisiert. Insbesondere musikalisch, was in allererster Linie seelisch meint. Ich bin über die Zweite Wiener Klassik und später über Stockhausen geprägt, das schließt einfach retardierte Tonalitäten aus. Ganz dasselbe gilt für Literatur. Daß ich in der meinen auf „poetische Sprache“ zurückgreife, hat nun aber wieder mit deren Modernität zu tun: In den kybernetischen Maschinen, schrieb ich einmal, ist der alte Drache wiedererstanden; nicht grundlos, auch das schrieb ich schon, werden z. B. Computerviren gerne nach Dämonen benamst. Genau das reflektiere ich – oder versuche es doch – in den Sprachformen, denen Formen der Konstruktion parallelgehen. Es gibt, soweit ich sehe, derzeit keinen zweiten deutschsprachigen belletristischen Autor, der sich so weitgehend auf die kybernetischen Medien eingelassen hat wie ich. Daß meine Sprache nicht deren kopiert, nimmt man mir zwar übel, aber es hat seinen Grund.
ja, genau, wegen der sprache herr herbst, ich habe eines ihrer bücher gelesen- und es hat mir nicht gefallen, wegen- ja genau, der sprache.
ob zeitgemäß oder nicht- ich urteile nicht über ihr literarisches können, das ja zweifelsfrei vorhanden ist, sondern gebe ein ganz primitives subjektives geschmacksurteil ab.
auch ich lese bücher wegen der sprache, bzw. lese manche bücher nicht wegen ihrer sprache, ihrem „sound“
meine favorites sind entgegen ihrer vorwürfe nicht konsalik und pilcher- schauen sie doch ab und zu in mein blog!
klingt wie action contra poesie, und ist es wahrscheinlich auch. für mich gilt: romane lassen sich verschlingen in einem zug, die sprache treibt die handlung voran (als musterbeispiel wieder NABOKOV: Gelächter im Dunkel! – ganz anders als Das Bastardzeichen, das ich z.zt. lese). dann gibt es romane, die mich nicht in die handlung verwickeln, sondern in die sprache selbst, wo satz für satz steine im weg liegen, die sich im denken materialisieren, und nach und nach das weiterlesen immer mehr zu einem kampf mit mir selbst machen (beispiele: Jean Paul und Beckett).
der ansatz zu dem, von dem Sie meinen, darin wichtiges zu wittern, müßte hiervon ausgehen: hie handlung, hie sprache (und natürlich auch musiksprache, kinosprache).
😉
kann leider nicht vergleichen
weder konsalik noch pilcher gelesen
will über niemanden urteilen
jedem das was ihm gefällt
und heute (wenn ich mich so umsehe [nicht hier]) kann man dankbar sein wenn menschen noch bücher zur hand nehmen
in einer gesellschaft die uns alles im tv vorkaut
(ich sehe gerne fern und sammle dvds)
aber
noch lieber vertiefe ich mich in ein buch
sehe bilder
spüre fremde gedanken
die meine werden
und lebe mit
trotzdem
jeder dort wo er will
die sprache … … der sound. der „poetische sound“, gegenüber dem nicht „poetischen“ sound (z.b. goetz). oder auch gegenüber anderen poetischen sounds (z.b. delillo). sound=erkenntnisprogramm.
sound of brecht, sound of kafka (+). sound of thomas mann, sound of jünger (-).
sound of herbst: nicht meiner. aber das herbst-PROJEKT ist interessant. am interessantesten im blog.
(der einwand von nichtmaedchen war nicht so trivial.
abgesehen davon wird ja auch konsalik wegen der sprache gelesen.)
Schon das Wort „sound“ stört mich. Da tanzt bereits der US-Kulturimperialismus durch den Kopf. Also eine sprachliche Konditionierung (Sozialisierung), die Europa seelisch zur Kolonie gemacht hat. Woran die furchtbaren Tausend zwölf Jahre schuld sind.
Ich sage also lieber „Klang“…. und schon bekommt „sound of thomas mann“ eine völlig andere Semantik. Kafkas Klang hat dann immer etwas von schwitzenden Füßen und sexueller Verklemmung. Thomas Manns von verdrängter Homosexualität, Ernst Jüngers von einem Kriegstrauma, das notgedrungenermaßen anal strukturiert ist. All diese Wirkungen gehen bei „sound of“ komplett positivistisch verloren.
Bei Brecht bin ich – vom Theater abgesehen – einverstanden.
sound vs. klang … … ist interessant. klingt wie pop-sozialisation vs. 1900-revival-sozialisation. aber das mit dem kulturimperialismus ist natürlich unfug.
ebenso interessant: dass hier „klang“ aufgeladen ist mit spätfreudianischer tiefenvermutung. das stimmt schon: „sound of“ löscht ganz bewusst alle diese tiefenwirkungen. was natürlich meinecke gesagt haben könnte, den ich mag, aber kaum lese. jedoch nietzsche schon vor 1900: „die alten griechen waren oberflächlich, aus tiefe“. es gibt auch irgendetwas von hofmanntsthal in der richtung.
aber was ich eigentlich anregen wollte: der frage nachspüren, was das spektrum ausmacht zwischen „poetischer sprache“ (kunstprosa) und der ja keineswegs unpoetischen hier (blogprosa). ein aus der blogprosa geborenes buch, das immer neu die schmerzgrenze zwischen alltag und sprachwelt auskostet und ausgekocht-postmodern vermisst, das würde ich gern lesen.
wie die besten autoren von diaristischer literatur, die sich ausgefeilte selbstverletzende und erkenntnisfördernde versuchsanordnungen konstruieren: frisch II (doch, wirklich), fühmann (überraschenderweise), undine gruenter (noch überraschender), sogar rühmkorf (weisheit hinter den kalauern), goetz natürlich sowieso (zeitgenössisches projekt schreiben/leben in radikalster form), paul wührs verschrobenes tagebuch („der faule strick“), handke (naheliegend, aber „gewicht der welt“: sein bestes buch), brinkmann („erkundungen“ …, viel weniger „rom blicke“) …
ein buch, das das herbst-projekt selbst zum gegenstand macht.
Nö, ist kein Unfug. Ich meine das schon sehr ernst und hänge im übrigen an „spätfreudianischen Tiefenwirkungen“. Und wer merken will, daß Nietzsches Satz ein provozierendes Aperçu war, dem er, der kluge, sehr schnell andere Gedankenfiguren entgegenstellte – flirrendes Denken eben -, muß sich nur seinen Begriff des Dionysischen auf der Zunge zergehen lassen – abgesehen davon, daß das Griechenlandbild seiner Zeit durchaus noch nicht f a r b i g war; davon wissen wir ja erst seit neuestem.
„Ausgekocht-postmodern“… – da kann ich jetzt nur fragen, inwieweit Sie „Thetis“ oder auch „Buenos Aires“ kennen, also meine ersten beiden Anderswelt-Bücher? Gegen Wührs, Pardon, kleinzelliges Talent möcht ich denn doch Thomas Pynchon halten oder den frühen Gaddis der „Fälschung der Welt“, – Sprachkunstwerke, die etwas können, was man auch bei Rainald Goetz, der mich nur langweilt, tatsächlich nicht findet: nämlich G e s c h i c h t e n erzählen. Im übrigen lebt Goetz meinem Eindruck nach nicht radikal, sondern kindisch; was bei einem so gebildeten Mann sicher aufhörte, hätte er seinerseits ein Kind und w ä r e nicht nur eins. Wenn er über 50 ist, nämlich bald, wird die Sache nurmehr peinlich sein. Bei Fühmann gebe ich Ihnen allerdings rundum recht, zu Rühmkorf fand ich, eben wegen der Kalauer, nie einen Draht. Mein Verhältnis zu Brinkmann ist gespalten, schon deshalb, weil wir ja denselben Lektor haben.
„Ein Buch, das das Herbst-Projekt selbst zum Gegenstand macht“ fände ich unergebig selbstreferent. Es erinnert einfach zu sehr an Schriftsteller, die über Schriftsteller schreiben. Als Sujet ist kaum etwas öder. Stellen Sie sich mal einen Tischler vor, der in jedem Tisch seine Tischlerei Form annehmen läßt. Sowas hätten auch Sie nicht gern im Wohnzimmer stehen. Nein, das Buch, das Sie lesen möchten, entsteht h i e r: Die Dschungel s i n d das Buch.
Aber wir sind halt gänzlich verschieden sozialisiert. Insbesondere musikalisch, was in allererster Linie seelisch meint. Ich bin über die Zweite Wiener Klassik und später über Stockhausen geprägt, das schließt einfach retardierte Tonalitäten aus. Ganz dasselbe gilt für Literatur. Daß ich in der meinen auf „poetische Sprache“ zurückgreife, hat nun aber wieder mit deren Modernität zu tun: In den kybernetischen Maschinen, schrieb ich einmal, ist der alte Drache wiedererstanden; nicht grundlos, auch das schrieb ich schon, werden z. B. Computerviren gerne nach Dämonen benamst. Genau das reflektiere ich – oder versuche es doch – in den Sprachformen, denen Formen der Konstruktion parallelgehen. Es gibt, soweit ich sehe, derzeit keinen zweiten deutschsprachigen belletristischen Autor, der sich so weitgehend auf die kybernetischen Medien eingelassen hat wie ich. Daß meine Sprache nicht deren kopiert, nimmt man mir zwar übel, aber es hat seinen Grund.
ja, genau, wegen der sprache herr herbst, ich habe eines ihrer bücher gelesen- und es hat mir nicht gefallen, wegen- ja genau, der sprache.
ob zeitgemäß oder nicht- ich urteile nicht über ihr literarisches können, das ja zweifelsfrei vorhanden ist, sondern gebe ein ganz primitives subjektives geschmacksurteil ab.
auch ich lese bücher wegen der sprache, bzw. lese manche bücher nicht wegen ihrer sprache, ihrem „sound“
meine favorites sind entgegen ihrer vorwürfe nicht konsalik und pilcher- schauen sie doch ab und zu in mein blog!
Vielleicht sollten Sie versuchen, laut zu lesen. Dann erschließt sich mehr. Oder überhaupt, in meinem Fall, alles.