DTs. (8. Januar 2005).

5.04 Uhr:

Verschlafen. Obwohl ich gestern bereits nach zehn zu Bett ging und deshalb den Wecker für heute schon auf 4 Uhr stellte. Nämlich wachte der Junge um 2 Uhr neben mir auf und übergab sich; das war eine ziemliche Schweinerei, die ich schnell in den Griff bekommen, dabei aber selbstverständlich das Kind trösten und beruhigen mußte. So ging das einige Zeit, zumal der Kleine dann noch einmal einen zweiten Schub bekam; da war aber schon alles vorbereitet auf sowas mit Schüssel auf dem Hochbett und Handtuch usw. 38,4 ° Fieber, ich hab sofort gemessen.Gegen 3 schlief ich wieder ein, der Junge ein paar Minuten vorher. Er schläft jetzt fest; ich wachte ohne Wecker eben kurz vor 5 auf.
Ob das heute um 18 Uhr mit Janáceks “Das schlaue Füchsin” in der Deutschen Oper mit meinem Jungen und mir noch was wird, ist jetzt fraglich. Dabei hatte mir der Pessesprecher extra nochmal geraten: Kommen Sie, wir haben für die Kinder eine eigene Pause eingelegt usw.

Gestern erste zwei Reaktionen wegen der Bettelbriefe; das Literaturhaus Berlin hat sofort jemanden eingeschaltet, die VG Wort schickt mir ein Formular, das ich ausfüllen müsse; dann könne man weitersehen. So, wie ich das überschaue, werden etwaige Ergebnisse zweidrei weitere Monate ARGO-Arbeit retten; es werden nicht eigentlich Lösungen sein, aber sozusagen wird die Hand unters Sprungbein gelegt. Das wäre dann schon mal was. – Also jetzt an den Text. Ich werde nicht drumrumkommen, noch weitere Pop-Stücke zu suchen und zu finden. Es ist schon auffällig, wie physiologisch, mit welch einer Müdigkeit ich gestern auf diese wirkliche Arbeit reagiert habe. Was muß eigentlich geschehen sein einst, daß ich auf Pop sogar dann so imgrunde unverhältnismäßig reagiere, so fluchtartig, möcht ich sagen, wenn, mich ihm ein paar Stunden lang auszusetzen, doch eine ‘reine’ Recherche ist, die ich zumal für meinen Roman benötige? Das Zeug ist, objektiv gesehen, ja nur schlecht und nicht etwa bedrohlich. Mein Körper – sicherlich, vermittelt über den Geist – scheint das aber anders zu erleben.







Tagesplanung
(Das Kind ist eventuell krank und deshalb die Planung nur provisorisch zu betrachten).




5.35 Uhr:

ARGO (R1): Weitere Pop-Songs suchen, auf den Text abgleichen und einmontieren. Revision ff.

11 Uhr:

Kinderzeit.

13 Uhr:
[Mittagsschlaf des Kleinen.]

ARGO R1 ff.

14.30 Uhr:

Kinderzeit.

18 Uhr:

Deutsche Oper: “Das schlaue Füchslein” (Janácek).

(Wegen der Krankheit des Jungen gestrichen.)

danach:

Offen.







7.58 Uhr:

Eben kommt der Kleine in die Küche, “Papa, ich muß mich schon wieder übergeben”. Ich ihn geschnappt und ins Bad getragen, bereits an meiner Schulter würgt er. Es kommt dann kaum was; wie auch? er hat ja nachts schon alles hinausgebracht. “Putz deine Zähne, Junior, man fühlt sich dann immer gleich besser.” In dieser Zeit seine Bettseite neu richten, auch das Wasser in der Schüssel erneuern, es schwimmt noch Erbrochenes von der Nacht darin. Alles frisch, “magst ein T-Shirt von mir anhaben?” Er lächelt matt und nickt. “Ich möchte kuscheln, Papa.” Fieber gemessen, 38,7. Und ich erkläre ihm, als er schon liegt, was so eine Krankheit ist und wieso es gut ist, daß man schläft. Werde das gleich als ein nächstes Vater-Sohn-Gespräch niederschreiben, für die Dialogserie, die ich gern als Büchlein veröffentlichte.
Jetzt ruht der Junge und hört “Rudolph mit der roten Nase”. Sollte sich sein Zustand verschlimmern oder er sich sehr langweilen, werde ich den Laptop schnappen und oben auf dem Hochbett arbeiten, neben dem Jungen. Auch um notfalls gleich dasein zu können. Das dann mit in ARGO nehmen, als Geschichts-Segment umformuliert, nämlich als weitere Erdung der vorgeblich eskapistischen Form Fantastischer Literatur. Auch das ist multi-tasking, Synchronität. Zugleich muß die Geschichte a l s Geschichte funktionieren, da hat Spalanzani völlig recht. Genau darum geht es dem u. a. ja, was mir als Neuer Realismus vorschwebt.

NACHTRAG.
Ich finde folgende Nachricht in einem messenger: “Generell ist anzumerken, dass dem fraglichen Gesamtwerk so etwas wie eine schlagkräftige Truppe fehlt, die es – auch auf dem Markt – durchsetzt. Dafür könnte sogar das Buchverbot beitragen. Aber das ist wohl zu weit gedacht.“ Und mir fällt dazu wieder Homer ein: “Ein jeder Held braucht seinen Sänger.” – Helden sterben allerdings früh; vielleicht ist das Fehlen des Sängers also ein Schutz; selbst Thetis sah ihren Sohn lieber als Transvestiten denn als Krieger. Die „Ergebnisse“, die „Enden“ gaben ihr recht.

Arbeitsfortschritt:
ARGO (R1), bis TS 48.