Das Gleiche, was an ausländischer Literatur bejubelt wird – etwa bei Eco, Lobo Antunes, Pynchon, de Lillo, Borges, Cortázar, García Marquez, Lezama Lima, aber auch Melville -, erhält, wird es von einem Deutschen geschrieben, nahezu sofort die Plakette “manieriert” und wird ausgesondert. Was man an Ausländern nämlich nicht mehr vollstrecken darf, vollstreckt man nun am eigenen Fremden. Selbstbestrafung ist dabei nicht nur erlaubt, sondern geradezu gefordert: Perfide erhöht sie den eigenen Wert.
Historischer Masochismus*, poetologisch.
CCCVIX.
[* Der Masochismus verkehrt erfahrenes Leid in Lust. Immer. Auch historisch.]
Und die Kritik fühlt sich durch den Leser bestätigt, der will, was er zu wollen hat: das, was zu lesen und zu rezensieren Kritikern nicht schwerfällt, weil es so schön platt & simpel ist wie der Deutschunterricht seit den 70er Jahren. Der hat jene hervorgebracht, die heute ganz genau zu wissen glauben, was Literatur ist und was nicht.
Regt mich auch schon lange auf. Andererseits habe ich aufgehört die öffentliche Literaturvermittlung ernst zu nehmen, ach was: wahrzunehmen.
Ist dies immer noch die Hegelsche Afterphilosophie, die hier mit ihrem Legosimplizismus das literarische Denken auf halbgar köcheln läßt? – Sicherlich.
Ist es der riesenhaft angeschwollene Minderwertigkeits- und Neidkomplex deutscher E-Kultur-Pfadfinder, weil Holly- und Bollywood global und ihre Steckenpferdchen noch nicht mal lokal interessant sind? – Absolut.
So freu ich mich halt, daß es neben ANH noch eine Handvoll weiterer Autoren gibt, die an der Wertlosigkeit opulent gestrickter Narrationen festhalten. Die Abwehrfront gegen diese wird aufgrund der ihr selbst verordneten Impotenz eh aussterben und Werke wie »Anderswelt«, »Melodien« oder »Schwarzlichtterrarium« werden bleiben. Der Rest wird jetzt schon mehr remitiert denn gelesen.
So kann man das optimistisch sehen.