Müde sah sie auf, sehr müde und sehr konzentriert. Sie hatte einen langen Weg hinter sich. Es waren immer die Celli, die sie geliebt hatte, die schweren samtenen wellenartigen Tonböen. Und ein Cello hörte sie jetzt. Als ob die Mutter riefe. Da sie nun selber Mutter wurde. Das Leben weitergeben, dachte sie. Es war sein Cello, das sie geliebt hatte, die schweren samtenen wellenartigen Tonböen. Und ein Cello h ö r t e sie jetzt. Als ob er riefe. Da sie nun Mutter wurde. Dennoch dachte sie: ihn weitergeben, uns weitergeben. Sie war sehr entschlossen.
Sie saß auf der Bank und sah in den immer wieder vom Boden hochgeblasenen späten Frühling. Ihr Bauch war sehr schwer geworden, der Rücken tat weh. Doch war das ein guter Schmerz. Es war später Mai, deshalb umschwärmte sie ein Schnee aus ganz lose samenflockiger Watte, der bisweilen die Nase reizte. Jochen war schon seit Monaten fort. Ich schaffe es nicht, hatte er ihr geschrieben, sie hatte vor lauter Schrecken ganz gleichmütig reagiert. Ich schaffe es nicht, verzeih, hörte sie, hörte seine Stimme, ein wenig rauh, mit dieser Spur Verzweiflung darin, die sich nicht zeigen ließ, sondern wie eine Resonanzsaite mitschwang. Und nun Handlung geworden war. Sie nahm ihm diese Flucht nicht einmal übel, liebte ihn einfach weiter. Die Leute verstanden nicht. Ihn nicht. Sie nicht.