Gesten. Zur Sinfonik. Argo. Anderswelt. (121).

Wie Nietzsche kritisierte, habe Wagner mit Akkorden komponiert und nicht mit Melodien. Böser: Er habe Akkorde, nicht Melodien geschrieben. Allan Pettersson wiederum komponierte mit Gesten: Eine rethorische Sinfonik, die immer wieder gleichsam Luft holt, um die Melodie zu erzählen, die aber ganz selten hindurchdringt, die sich ganz selten Raum verschafft, sondern anderes kompositorische Material drängt sie derart grob beiseite, daß es ist, als würde die Melodik auf das brutalste vom Tisch gewischt. Das erinnert an den Einzelnen, den der Schicksalsgang wieder und wieder niederschlägt. Abermals holt er Luft, setzt an, abermals bekommt er eins in die Fresse. Wieder geht er zu Boden. Wieder rappelt er sich auf. Das ist bei Pettersson ein Prinzip, das nicht, wie man glauben könnte, zu Stillstand führt, sondern eine sich rasend beschleunigende Progression zur Folge hat, die über die Menschen hinwegfegt, sie mitfegt mitschäumt. Hin und wieder fassen sie eine Insel oder Kleineres, irgend ein schwimmendes Ding, auf das sie sich ziehen. Dann erst singen sie wirklich. Für kurze Zeit nur, schon haut ein nächster Brecher die rettende Schale wieder um. Doch bis dahin sind es beseligende Momente, meist in den hohen Streichern.
Auf diese Art gestischer Komposition zielt das “Mäandern” der Anderswelt-Romane. Klarheit ist gar nicht gemeint. Sondern – der strömende Fluß, der ‘Mahlstrom’. Deshalb ist schon die Begrifflichkeit falsch; “mäandern” setzt – in einem entsprechend ‘arabesken’ Raum zumal – einen Stillstand von Zeit voraus (ein flaches Land mit nur wenig Gefälle), den ARGO ausschließlich diesen ‘Inseln’ vorbehält, die sich vor allem durch eine Engführung der Handlungsräume characterisieren: Gleichzeitig Točná, Berlin (Schönhauser Allee) und Frankfurtmain, bzw. das Silberstein, den Torpedokäfer, die Arbeitswohnung und das Technikmuseum (Nebelkammer) erzählen. Auf diesen Inseln begegnen sich Figuren aus den verschiedensten Ebenen. Finden für Momente zueinander und können sich verbünden. Es sind allein die Momente der sinnlichen Unwahrscheinlichkeit, die das bewirken.

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