Freitag, den 29. Juli 2005.

14.28 Uhr:
Seit gestern nacht zurück. Nur der Kleine fuhr gerne, weil er sich auf seine Mama freute; allerdings wird er noch bis zum Sonntag nachmittag bei mir bleiben. Was mir sehr wohl tut. – A. und ich fuhren hingegen g a r nicht gerne; beiden hockte Neapel im Herzen und knabberte dran rum. Vielleicht wird es mir das Schicksal oder ein Gönner eines Tages gestatten, die ersehnte Zweitwohnung dort zu nehmen. Dort und in Bombay; man ist ja nicht bescheiden.
Wie immer vor einem Rückflug aus Italien, noch schnell zwei Kilogramm Tintenfische und Gamberi gekauft. Es ist jedesmal nicht ohne Kitzel, den Fisch in dreivier Plastiktüten eingewickelt als Handgepäck durch die Sicherheitszone zu bringen; jedesmal gibt es ein leichtes Grinsen auf den Gesichtern der Beamten. Ich erinnere mich, daß es letztes Jahr aus dem Gepäckfach dezent heraustropfte (nicht über m e i n e m Platz, so pfiffig war ich ja, die prekäre Fracht nicht gerade über mir selbst zu verstauen) und sehr viel w e n i g e r dezent nach einem Fisch zu duften begann, der seit mittags mit Marktschluß der Pizza Vittorio von mir in der schweren Hitze herumgetragen worden war.
In Tegel holte uns G. ab. Katanga, der die Abstinenz entdeckt hat, hatte keinen Wein hier; so besorgte ich beim Türken fünf Bier und haute dann die Gamberi – eigentlich Gamberoni – mit Olivenöl und viel Knoblauch in die Pfanne. Während wir sie futterten, briet ich sicherheitshalber schon mal die Polipetti fürs kommende Abendessen an. Die großen Calamari kamen ins Eisfach, wo sie nun auf späteren Verzehr ausharren müssen. So wurde es denn zwei Uhr nachts, bis wir im Bett lagen; der Junge hielt es bis eins aus. Er will Italienisch lernen, sagte er. Deshalb in Fiumicino zum Vorlesen noch drei italienische Kinderbücher besorgt, darunter Le Avventure di Pinocchio; aber eine erste Durchsicht zeigte schon, daß ich da ‘vokabelmäßig’ ziemlich vorarbeiten muß. Also die erste Gnomi-Geschichte gelesen, Halbsatz für Halbsatz übersetzend, schließlich n u r noch italienisch, aber da war der Kleine wohl schon eingeschlafen.

Die ganze Küche riecht jetzt nach Fisch. Während ich diesen Tagebucheintrag schreibe, hört der Junge nebenan “Der kleine Vampir im Jammertal”, und A. ist auf dem Hochbett wieder eingeschlafen, fest und tief. Dazu bruzzeln auf dem Herd abermals die Polipetti, dampfen für die Pasta heute abend mit frisch gekauften Tomaten und Frühlingszwiebeln ein. Vorher kurz in die Arbeitswohnung, aus dem Laden unten meine Post abgeholt und ein Dankesgeschenk dagelassen, oben schließlich alles geöffnet. Mahnungen Mahnungen Mahnungen, damit war zu rechnen, aber auch eine anwaltliche Zahlungsbefehl-Drohung wegen verabsäumter Überweisung fürs SPIEGEL-Abo. Daran ärgert mich nur, daß ich den SPIEGEL schon wegen der heuchlerischen Irak-Kriegs-Berichterstattung und der seinerzeit hämischen Art, mit den Kriegsgegnern umzugehen, längst abbestellen wollte.

Es gibt aber auch Angenehmes. Mit EvL, die mich wegen Der Dschungel über die fiktionäre Website anschrieb, scheint sich ein sehr schöner Briefwechsel zu entwickeln. Lese ich in ihrem Tagebuch und auch die Auszüge aus den auf ihrer Site publizierten Texten, wird die ästhetische Differenz umgehend klar; doch macht gerade das eine Diskussion und eben Verständigung höchst reizvoll. Ich fing – noch in Olevano Romano, wo ich mit Eigner in einem schrecklich lahmen Internet Point war, um seine neue Site anzuschauen (Katanga hat sie ihm gebastelt) – geradezu zu überlegen an, ob ich nun nicht d o c h eine Blogroll in Die Dschungel einstellen solle. Aber das ist wiederum heikel; es drohen dann Fragen des Inhalts “Warum die und der und nicht i c h?” Deshalb werde ich es bei den versteckten, also nur dann sichtbaren Links belassen, fährt man mit dem Cursor über den Text, der bei gesetzten Links dann verschwindet. Wer fündig wurde, kann dann klicken, und die ‘Gleichberechtigung’ ist gewahrt.

Mal sehen, wie schnell ich wieder den Arbeitsrhythmus finde. Erst mal sind Notizen zum WUNDER VON SAN MICHELE zu machen, vor allem die fast fünf Stunden dokumentierter O-Töne auf den Computer zu überspielen und dann Sekunde für Sekunde zu protokollieren. Und ARGO muß dringend wieder aufgenommen werden. Außerdem sind Dankesmails zu verfassen, etwa an Peter Cottini, den Direktor der Villa San Michele auf Anacapri. Dazu später noch. Und nicht im Tagebuch.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .