Treue bzw. Untreue Treu kann ich mir letztendlich nur selbst bleiben. Wie viele Menschen handeln untreu sich selbst gegenüber, empfinden das aber als Treue (wohl dem Partner gegenüber). Das führt nur zu symbiotischen Formen der Nähe und in der Folge dann häufig zu einer Tragödie.
Das was sie als triviale Seite der Liebe darstellen – dessen bin ich mir ziemlich sicher, wills es aber als Hypothese verstanden wissen – versuchen viele Menschen zu erreichen. Es scheint oft die höchste Kunst der Beziehung darzustellen. Das ist es übrigens, was man einzig und allein in der Psychoanalyse als wirklichen Kern erreichen kann. Die wahre Eigenliebe und die Treue zu dieser.
Meine Beobachtung vieler Menschen zeigt, das die „Trivialität“ die Reduktion des Designs beinhaltet und die größte Herausforderung darstellt, gegen die die von Ihnen nun dargestellte „Trivialität“ der Treulosigkeit ein einfacher Weg ist, den man aber als mutig und nicht gesellschaftskonform verkaufen kann.
Mutig jedoch ist ein Mensch, wenn er sich selbst gegenüber – ganz trivial – treu bleiben kann! Ohne eine „Fixierung“ auf die Außenobjekte.
Wäre dies so bei einem Menschen, dann verlieren die vielen „guten Objekte (Mütter/Väter ??)“ und die damit ihren Reiz (einschließlich der damit verbundenen Konfrontationen), und dieser Mensch würde schauen wie er sein eigenes werden für ihn produktiv so nach vorne bringt, dass er zumindest seine Wohnung so heizen kann, dass er nicht krank wird..
Och. Die Leute, die heizen, erkälten sich viel schneller. Ich bin jetzt das erste Mal seit zwei Jahren wieder ‚grippiert‘. Also d a r a n wollte ich den Beleg Ihrer Analyse besser n i c h t aufhängen.
Und nach wie vor halte ich die Meinung, man könne ’sich selbst‘ treu sein, für bürgerlich illusionär: weil sie ein autonomes Ich voraussetzt, das es tatsächlich nicht gibt. Es entstand – ideologisch – auch tatsächlich erst mit der Warengesellschaft. Vielmehr ist jedes Ich ein vernetzter Zusammenhang. Wie mir die Tante meiner verlorenen Liebe in Agra sagte: „Wo beginne ich und wo höre ich auf?“ Und sie berührte dabei meine Brust, meine Schulter und meine Taille.
[Im übrigen, was meine ökonomische Not anbelangt: Ich tue meine Arbeit. Und wahrscheinlich entschiedender als viele andere. Folgte ich I h r e m Vorschlag, täte ich meine Arbeit n i c h t mehr, sondern eine andere, die nicht meine wäre. Ich entfremdete mich also ebenso wie andere von sich selbst, weil wir vor allem anderen erst einmal ein Spiegel dessen sind, was wir schaffen. Insofern haben die vielen anderen r e c h t, wenn sie ihrer Arbeit nicht mit derselben Leidenschaft nachgehen mögen: sie gingen sonst ihrer Selbstabschaffung mit Leidenschaft nach.]
Na ja, dann denn wir es mal nicht eigenes autonomes Ich, sondern die Wichtigkeit der eigenen Person gegenüber anderen Personen, in der Interaktion mit Diesen.
Nicht mehr Ihre Arbeit zu tun, wäre nie mein Vorschlag bzw. meine Meinung. Mir geht es um die Produktivität die sie in Folge für sich nutzen können.
Oder anders ausgedrückt, ich kann den ganzen Tag Kfz. reparieren weil es mir Spass macht, ich kann es aber auch so tun, das es mir Spass macht und mir Geld bringt, dass mir das reale Überleben erst ermöglicht und ich meinen Spass auch ausüben kann.
Das geht selbst bei Automechanikern nur dann. Wenn sie einen Job haben. Was in d e r Branche a u ch schon nicht mehr gegeben ist. Bei freiberuflichen Künstlern ist das erst recht heikel.
Nur der Treulose lernt die Liebestragödien kennen? Tzzz! ER ist derjenige, der kommt und geht; ER ist der MACHTMENSCH und der Schwächling zugleich. Für IHN gibt es nur das Hier und Jetzt; SEINE Lust und SEINEN Schmerz; also nichts als das Gegreine eines Säuglings, der hier und jetzt nicht SEINEN Willen bekommt. Tragödien aber sind kein Kinderkram. Sie werden nur von Liebenden erlebt: von erwachsenen Menschen also, die wissen, was es bedeutet, zugleich in der Gegenwart, in der Vergangenheit und der Zukunft zu leben; alles zu sein und nichts und dazwischen hin- und hergerissen. (Daß ER auch eine SIE sein kann, sei vorsichtshalber angemerkt.)
Verzeihung, Frau hweblog. Ihnen ist der ganze Umfang dieser Tragödie (die so tragödische wir wahrhaft g ö t t l i c h e Komödie ist) anscheinend nicht bewußt. Denn Sie tun so, als hätte der Treulose eine Wahl. Er hat sie zwar b e d in g t, aber muß sich auch da schon zwischen Hängen und Erschießen entscheiden: Die Liebe als Leidenschaft im Alltag versickern und sie gleichsam ins Geistige transponieren zu lassen (denn das Begehren zwischen monogamen Partnern hört naturgesetzlich nach wenigen Jahren auf, obsessiv – also dionysisch – zu sein) oder aber ihren Verlust zu riskieren. Dieses Risiko einzugehen bedeutet, dem schärfsten Verlust ins Auge zu sehen, den ein Mensch überhaupt erleiden kann und ihn als ein Opfer zu begreifen, das er dem vulkanischen Leben gibt. Das Leid, wenn es denn eintritt, ist furchtbar, man möchte umkommen daran – es ist aber ein stolzes und kein pragmatisch-mieses, wie wenn man zusehen muß, wie sich eine Leidenschaft emotional normalisiert und gesellschaftlich praktikabel wird, was ihrer Zurichtung, einer Vergewaltigun also, gleichkommt.
Die Hoffnung richtet sich aber auf etwas Drittes: Daß sich trotz (gegenseitiger, körperlicher, bisweiliger) Untreue die Liebenden, die ein für allemal zusammengehören, weil sich die verlorenen Kugelhälften fanden, – daß sie sich trotzdem wieder ineinander verwühlen werden und das Leid, das man einander zufügte, zum Brennstoff der erneuerten vulkanischen Leidenschaft wird. Es ist doch, was mir ein Mensch, den ich liebe, antat und antut, ganz egal in der Glut eben dieser Liebe. Es anders zu fühlen, bedeutet, die eigene Autonomie zu hypostasieren – obwohl sie ohnedies die reinste Illusion ist.
Hediger nennt das Problem: Es kann der Liebende unter seiner eigenen Treulosigkeit leiden (ich weiß sehr genau, wovon ich hier spreche), er kann sie verfluchen – aber, um sie einzudämmen, müßte er aufs Begehren verzichten und sich vergeistigen – was der größte Sündenfall ist, dessen sich unsere Lebenshaltung schuldig machen kann: das Leben zu verraten um der Sicherheit willen. Um mit Polanski zu sprechen („Messer im Wasser“): Da liegt die schönste Frau der Welt neben Ihnen und Sie lieben sie zudem wie nichts anderes; dennoch aber haben Sie keine Erektion mehr. Was tun Sie denn dann? (Wilhelm Reich bemaß die Zeit des Begehrens in einer partnerschaftlich monogamen Beziehung, deren Partner – das ist wichtig – zusammenleben, auf ungefähr zwei bis drei Jahre. Wobei es hier einen genderUnterschied zu geben scheint: Nicht wenige, vielleicht alle Männer reagieren erotisch stärker auf Fremdheit als Frauen, Fremdheit ist ihnen ein geradezu notwendiges Aphrodisiakum.)
„Sündenfall“: Kleine Anmerkung Der Sündenfall geschah nicht im Garten Eden, als Eva von der verbotenen Frucht ass, sondern danach, nachdem Gott die beiden aus dem Paradies vertrieben hatte, hinein in die Zwänge des Alltags, mit all den Folgen, die Sie oben beschreiben. Also: Gott trieb die beiden in den Sündenfall hinein… (Gewöhnlich wird die Vertreibung aus dem Paradies von liberaleren Kirchengeistern auch interpretiert als ein Schritt ins Erwachsen- oder Mündigwerden, und es wird versucht, dies mit Argumenten, die jenen von hweblog sehr ähnlich sind, zu rechtfertigen. Es gibt keine Rechtfertigung für die Vertreibung aus dem Paradies.)
Ich verfolge nun schon seit längerem Diskussionen um diese Thematik herum, habe aber nie auch nur einen Moment lang begreifen können, warum es Liebenden so geht: so verzweifelt nacheinander zu suchen, wenn das graue Gespenst Alltag in die Eingeweide greift und man sich vergeblich an etwas halten will, um diesem Strudel und Sog zu widerstehen (als ob dies an einem selbst läge). Dass es so ist, habe ich immer schon gesehen und das mit viel Schmerz, aber die Gründe zu begreifen..
Allerdings tut sich mir ein Tor auf, bei der Lektüre dieser Beiträge hatte ich eigenartigerweise plötzlich eine Art von AHA-Erlebnis. Wäre es also doch möglich, lebbar…? Gleichzeitig drängt sich mir aber der Gedanke auf, dass auch diese Art von Vulkanismus nicht dauerhaft fortführbar ist. Auch der Schmerz nutzt sich ab. Vielleicht ist Liebenden nur eine Zeitspanne gegeben, und dies macht den eigentlichen Schmerz aus.
„Vielleicht ist Liebenden nur eine Zeitspanne gegeben, und dies macht den eigentlichen Schmerz aus. “ Welch ein großer, tragödischer Satz, wenn er stimmte! Und welch ein großes Unterfangen, dagegen anzurennen! Wenn er stimmte.
(Lieder gegen ihn singen. Opern gegen ihn komponieren. Bücher gegen ihn schreiben. Auf Sinfonien surfend einen Weg finden, ihn zu durchstoßen.)
Möglicherweise ist das wie bei allem, was man unbedingt möchte und wogegen man an-schreibt-singt-rennt…: man entfernt sich davon umso mehr, man verstrickt sich in eine Form von Zwingen, die Leichtigkeit unmöglich macht und wo wäre diese mehr vonnöten…?
Mir fallen die „großen Liebespaare“ ein, ich muss dazu wohl nicht viel mehr bemerken. Weiter gedacht: lässt sich diese Liebe, die Sie beschreiben, diese nicht auslotbare, wahre, einzige Liebe, denn überhaupt ohne Distanz aufrecht erhalten?
Und warum gibt es diesen einen Menschen immer noch, wenn doch das Zusammensein längst sich als unmöglich herausgestellt hat, jedenfalls für einen von beiden? Oder gar von beiden? Diese eine große Liebe jedenfalls hält sich in der Seele wie ein Wasserzeichen, ein schimmerndes Mal, durchsichtig und unauslöschlich.
(Lieder gegen ihn singen. Opern gegen ihn komponieren. Bücher gegen ihn schreiben. Auf Sinfonien surfend einen Weg finden, ihn zu durchstoßen.)
> die Lieder und Opern und Bücher aber erzählen zumeist von den Zeitspannen, nie aber von einem „happy end“.
Treue bzw. Untreue Treu kann ich mir letztendlich nur selbst bleiben. Wie viele Menschen handeln untreu sich selbst gegenüber, empfinden das aber als Treue (wohl dem Partner gegenüber). Das führt nur zu symbiotischen Formen der Nähe und in der Folge dann häufig zu einer Tragödie.
Das was sie als triviale Seite der Liebe darstellen – dessen bin ich mir ziemlich sicher, wills es aber als Hypothese verstanden wissen – versuchen viele Menschen zu erreichen. Es scheint oft die höchste Kunst der Beziehung darzustellen. Das ist es übrigens, was man einzig und allein in der Psychoanalyse als wirklichen Kern erreichen kann. Die wahre Eigenliebe und die Treue zu dieser.
Meine Beobachtung vieler Menschen zeigt, das die „Trivialität“ die Reduktion des Designs beinhaltet und die größte Herausforderung darstellt, gegen die die von Ihnen nun dargestellte „Trivialität“ der Treulosigkeit ein einfacher Weg ist, den man aber als mutig und nicht gesellschaftskonform verkaufen kann.
Mutig jedoch ist ein Mensch, wenn er sich selbst gegenüber – ganz trivial – treu bleiben kann! Ohne eine „Fixierung“ auf die Außenobjekte.
Wäre dies so bei einem Menschen, dann verlieren die vielen „guten Objekte (Mütter/Väter ??)“ und die damit ihren Reiz (einschließlich der damit verbundenen Konfrontationen), und dieser Mensch würde schauen wie er sein eigenes werden für ihn produktiv so nach vorne bringt, dass er zumindest seine Wohnung so heizen kann, dass er nicht krank wird..
Och. Die Leute, die heizen, erkälten sich viel schneller. Ich bin jetzt das erste Mal seit zwei Jahren wieder ‚grippiert‘. Also d a r a n wollte ich den Beleg Ihrer Analyse besser n i c h t aufhängen.
Und nach wie vor halte ich die Meinung, man könne ’sich selbst‘ treu sein, für bürgerlich illusionär: weil sie ein autonomes Ich voraussetzt, das es tatsächlich nicht gibt. Es entstand – ideologisch – auch tatsächlich erst mit der Warengesellschaft. Vielmehr ist jedes Ich ein vernetzter Zusammenhang. Wie mir die Tante meiner verlorenen Liebe in Agra sagte: „Wo beginne ich und wo höre ich auf?“ Und sie berührte dabei meine Brust, meine Schulter und meine Taille.
[Im übrigen, was meine ökonomische Not anbelangt: Ich tue meine Arbeit. Und wahrscheinlich entschiedender als viele andere. Folgte ich I h r e m Vorschlag, täte ich meine Arbeit n i c h t mehr, sondern eine andere, die nicht meine wäre. Ich entfremdete mich also ebenso wie andere von sich selbst, weil wir vor allem anderen erst einmal ein Spiegel dessen sind, was wir schaffen. Insofern haben die vielen anderen r e c h t, wenn sie ihrer Arbeit nicht mit derselben Leidenschaft nachgehen mögen: sie gingen sonst ihrer Selbstabschaffung mit Leidenschaft nach.]
Na ja, dann denn wir es mal nicht eigenes autonomes Ich, sondern die Wichtigkeit der eigenen Person gegenüber anderen Personen, in der Interaktion mit Diesen.
Nicht mehr Ihre Arbeit zu tun, wäre nie mein Vorschlag bzw. meine Meinung. Mir geht es um die Produktivität die sie in Folge für sich nutzen können.
Oder anders ausgedrückt, ich kann den ganzen Tag Kfz. reparieren weil es mir Spass macht, ich kann es aber auch so tun, das es mir Spass macht und mir Geld bringt, dass mir das reale Überleben erst ermöglicht und ich meinen Spass auch ausüben kann.
Das geht selbst bei Automechanikern nur dann. Wenn sie einen Job haben. Was in d e r Branche a u ch schon nicht mehr gegeben ist. Bei freiberuflichen Künstlern ist das erst recht heikel.
Nur der Treulose lernt die Liebestragödien kennen? Tzzz! ER ist derjenige, der kommt und geht; ER ist der MACHTMENSCH und der Schwächling zugleich. Für IHN gibt es nur das Hier und Jetzt; SEINE Lust und SEINEN Schmerz; also nichts als das Gegreine eines Säuglings, der hier und jetzt nicht SEINEN Willen bekommt. Tragödien aber sind kein Kinderkram. Sie werden nur von Liebenden erlebt: von erwachsenen Menschen also, die wissen, was es bedeutet, zugleich in der Gegenwart, in der Vergangenheit und der Zukunft zu leben; alles zu sein und nichts und dazwischen hin- und hergerissen. (Daß ER auch eine SIE sein kann, sei vorsichtshalber angemerkt.)
Vorsichtshalber angemerkt: Treulosigkeit schliesst Liebe nicht aus.
Verzeihung, Frau hweblog. Ihnen ist der ganze Umfang dieser Tragödie (die so tragödische wir wahrhaft g ö t t l i c h e Komödie ist) anscheinend nicht bewußt. Denn Sie tun so, als hätte der Treulose eine Wahl. Er hat sie zwar b e d in g t, aber muß sich auch da schon zwischen Hängen und Erschießen entscheiden: Die Liebe als Leidenschaft im Alltag versickern und sie gleichsam ins Geistige transponieren zu lassen (denn das Begehren zwischen monogamen Partnern hört naturgesetzlich nach wenigen Jahren auf, obsessiv – also dionysisch – zu sein) oder aber ihren Verlust zu riskieren. Dieses Risiko einzugehen bedeutet, dem schärfsten Verlust ins Auge zu sehen, den ein Mensch überhaupt erleiden kann und ihn als ein Opfer zu begreifen, das er dem vulkanischen Leben gibt. Das Leid, wenn es denn eintritt, ist furchtbar, man möchte umkommen daran – es ist aber ein stolzes und kein pragmatisch-mieses, wie wenn man zusehen muß, wie sich eine Leidenschaft emotional normalisiert und gesellschaftlich praktikabel wird, was ihrer Zurichtung, einer Vergewaltigun also, gleichkommt.
Die Hoffnung richtet sich aber auf etwas Drittes: Daß sich trotz (gegenseitiger, körperlicher, bisweiliger) Untreue die Liebenden, die ein für allemal zusammengehören, weil sich die verlorenen Kugelhälften fanden, – daß sie sich trotzdem wieder ineinander verwühlen werden und das Leid, das man einander zufügte, zum Brennstoff der erneuerten vulkanischen Leidenschaft wird. Es ist doch, was mir ein Mensch, den ich liebe, antat und antut, ganz egal in der Glut eben dieser Liebe. Es anders zu fühlen, bedeutet, die eigene Autonomie zu hypostasieren – obwohl sie ohnedies die reinste Illusion ist.
Hediger nennt das Problem: Es kann der Liebende unter seiner eigenen Treulosigkeit leiden (ich weiß sehr genau, wovon ich hier spreche), er kann sie verfluchen – aber, um sie einzudämmen, müßte er aufs Begehren verzichten und sich vergeistigen – was der größte Sündenfall ist, dessen sich unsere Lebenshaltung schuldig machen kann: das Leben zu verraten um der Sicherheit willen. Um mit Polanski zu sprechen („Messer im Wasser“): Da liegt die schönste Frau der Welt neben Ihnen und Sie lieben sie zudem wie nichts anderes; dennoch aber haben Sie keine Erektion mehr. Was tun Sie denn dann? (Wilhelm Reich bemaß die Zeit des Begehrens in einer partnerschaftlich monogamen Beziehung, deren Partner – das ist wichtig – zusammenleben, auf ungefähr zwei bis drei Jahre. Wobei es hier einen genderUnterschied zu geben scheint: Nicht wenige, vielleicht alle Männer reagieren erotisch stärker auf Fremdheit als Frauen, Fremdheit ist ihnen ein geradezu notwendiges Aphrodisiakum.)
„Sündenfall“: Kleine Anmerkung Der Sündenfall geschah nicht im Garten Eden, als Eva von der verbotenen Frucht ass, sondern danach, nachdem Gott die beiden aus dem Paradies vertrieben hatte, hinein in die Zwänge des Alltags, mit all den Folgen, die Sie oben beschreiben. Also: Gott trieb die beiden in den Sündenfall hinein… (Gewöhnlich wird die Vertreibung aus dem Paradies von liberaleren Kirchengeistern auch interpretiert als ein Schritt ins Erwachsen- oder Mündigwerden, und es wird versucht, dies mit Argumenten, die jenen von hweblog sehr ähnlich sind, zu rechtfertigen. Es gibt keine Rechtfertigung für die Vertreibung aus dem Paradies.)
Ich verfolge nun schon seit längerem Diskussionen um diese Thematik herum, habe aber nie auch nur einen Moment lang begreifen können, warum es Liebenden so geht: so verzweifelt nacheinander zu suchen, wenn das graue Gespenst Alltag in die Eingeweide greift und man sich vergeblich an etwas halten will, um diesem Strudel und Sog zu widerstehen (als ob dies an einem selbst läge). Dass es so ist, habe ich immer schon gesehen und das mit viel Schmerz, aber die Gründe zu begreifen..
Allerdings tut sich mir ein Tor auf, bei der Lektüre dieser Beiträge hatte ich eigenartigerweise plötzlich eine Art von AHA-Erlebnis. Wäre es also doch möglich, lebbar…? Gleichzeitig drängt sich mir aber der Gedanke auf, dass auch diese Art von Vulkanismus nicht dauerhaft fortführbar ist. Auch der Schmerz nutzt sich ab. Vielleicht ist Liebenden nur eine Zeitspanne gegeben, und dies macht den eigentlichen Schmerz aus.
„Vielleicht ist Liebenden nur eine Zeitspanne gegeben, und dies macht den eigentlichen Schmerz aus. “ Welch ein großer, tragödischer Satz, wenn er stimmte! Und welch ein großes Unterfangen, dagegen anzurennen! Wenn er stimmte.
(Lieder gegen ihn singen. Opern gegen ihn komponieren. Bücher gegen ihn schreiben. Auf Sinfonien surfend einen Weg finden, ihn zu durchstoßen.)
Möglicherweise ist das wie bei allem, was man unbedingt möchte und wogegen man an-schreibt-singt-rennt…: man entfernt sich davon umso mehr, man verstrickt sich in eine Form von Zwingen, die Leichtigkeit unmöglich macht und wo wäre diese mehr vonnöten…?
Mir fallen die „großen Liebespaare“ ein, ich muss dazu wohl nicht viel mehr bemerken. Weiter gedacht: lässt sich diese Liebe, die Sie beschreiben, diese nicht auslotbare, wahre, einzige Liebe, denn überhaupt ohne Distanz aufrecht erhalten?
Und warum gibt es diesen einen Menschen immer noch, wenn doch das Zusammensein längst sich als unmöglich herausgestellt hat, jedenfalls für einen von beiden? Oder gar von beiden? Diese eine große Liebe jedenfalls hält sich in der Seele wie ein Wasserzeichen, ein schimmerndes Mal, durchsichtig und unauslöschlich.
(Lieder gegen ihn singen. Opern gegen ihn komponieren. Bücher gegen ihn schreiben. Auf Sinfonien surfend einen Weg finden, ihn zu durchstoßen.)
> die Lieder und Opern und Bücher aber erzählen zumeist von den Zeitspannen, nie aber von einem „happy end“.
Und hier noch ein Satz, der mich – seit ich ihn hörte – schaudern macht ob des Zustandes, den er beschreibt:
Nicht mit dir, aber auch nicht ohne dich.