Montag, den 12. Dezember 2005.

4.50 Uhr:
Filterkaffee, Kapuze überm Kopf, Küchtentisch der Kinderwohnung. Pünktlich hoch, Ratz Felix kraxelt auf mir rum, nachdem er gestern eingeschnappt war oder trauerte wegen seines toten Bruders und sich nicht anfassen ließ und überhaupt fremdelte, auch nichts fraß. Tiere vergessen in aller Regel schnell, das ist ein Überlebensvorteil. Aus einem mir nicht ganz klaren Grund hab ich plötzlich Nasenbluten. Ich sah das eben im Papiertaschentuch. In früheren Romanen, hätte jemand ins Taschentuch gehustet, wäre so der Anfang einer TB markiert. Tatsächlich mußte ich aber kurz vor dem Schnauben an den überraschenden Mord an dem FbI special agent denken, mit dem ganz unvermutet die erste Twin-Peaks-Staffel endet und für u n s endete, Katanga und mich, bevor ich ins Bett ging. Der Zusammenhang ist also folgender: Der special agent öffnet die Tür seines Hotelzimmers, der unkenntlich bleibende Mörder schießt, ich blute aus der Nase. Um das zu begreifen geht es gar nicht anders, als daß Sie sich jetzt die Twin-Peaks-Staffel besorgen und n a c h sehen.Vielleicht spielt Ihnen das Schicksal dann eine Rolle zu, die mein Ende verhindert oder sogar Ihr eigenes. – ARGO.

P.S.: Ich erhielt meine Strafe. Weil ich nämlich, Audreys, der biestigen Tochter des reichen UnternehmerGangsters wegen, immer wieder berückt ausrief: „Die heirate ich! Die heirate ich!“ und zu Katangas Amusement jede Frechheit dieser wirklich sehr schönen jungen Damen (alleine ihre O h r e n !) mit einem „Frauen! Ich sag dir: Frauen!“ kommentierte. ZUSAMMENHÄNGE: Sie findet ihren schmierigen Vater genauso ekelhaft wie wir Zuschauer, von ihm hat sie aber diese… lassen Sie es mich ‚intelligente Moralfreiheit‘ nennen. In dem Zusammenhang fällt mir ein, daß der IQ von Carnivoren signifikant höher als der von Pflanzenfressern ist. Wer grast, muß nicht denken.

16.55 Uhr:
Bis eben den SWR-Text gekürzt und überarbeitet; er war zu lang, entschieden zu lang, teilte die Reakteurin mir mit. Nun ja, so fielen zwei Bruchstücke für Die Dschungel ab. Dazwischen >>>> ein querlaufendes Gespräch bei finya.de; wenn da einmal der Wurm drin ist und nur einem von beiden „Korrespondenten“ fehlt es an Humor, dann wird sowas furchtbar zäh. Man kommt dann nur durch ein kräftiges Lachen wieder heraus; meine Gesprächspartnerin war aber ganz sofort ganz schrecklich beleidigt. Und nahm und nimmt vor allem ihr – lacht – ‚profiling’ bierernst, über das ich mich als Europäer aus sprachlichen Gründen ein wenig lustig machte, ich gesteh’s. Außerdem empfind ich’s immer wieder als übergriffig, wenn ich selber sieze, aber stur zurückgeduzt werde. Als hätte man miteinander etwas zu schaffen, weil man a u c h-Mensch ist, sozusagen. Was den meisten Leuten offenbar schon genügt.

Wollte mittags dann d o c h nach Greifswald fahren, weil eigentlich, was in Berlin getan werden mußte, getan war; den Roman kann ich auch während der Zugfahrt überarbeiten; aber dann sagte Prothoe, die erst freudig zugesagt hatte, aus einem Arzttermin heraus per SMS ab. Irgend etwas scheint nicht gut gelaufen zu sein. Jetzt warte ich auf eine Meldung. Und meine Visacard funktionierte erstaunlicherweise noch: Hab mir online die Ticketts für >>>> Siegen besorgt.

22.54 Uhr:
[Bei „Cyber“,]
Das war nicht mein Tag. Vor dem Eingang der Videothek wurde mein Fahrrad gestohlen: das nunmehr vierte, seit ich in Berlin lebe, also seit 1994. Ich bin ziemlich frustriert. Und die Augen fallen mir zu.
Als ich den Verlust des Fahrrads entdeckte (ich war keine zehn Minuten drinnen gewesen), hatte ich momentan einen völligen Gedächtnisausfall. Ich war mir so unsicher, ob ich überhaupt mit dem Fahrrad hergefahren war, daß ich erst einmal zurück nach Hause gehen mußte, um nachzusehen. Keine Erinnerung war an den Weg zur Videothek mehr da, keine Erinnerung, wo das Rad Zuhause gestanden. Alles weg. Erst als ich nachgesehen hatte, bin ich dann wegen der Anzeigeerstattung zur Polizei. Aber es war, als wäre alles schwarz gewesen für eine halbe Stunde. Noch jetzt kann ich von der Zeit noch kein klares Bild bekommen.