Es ist gefährlich: zu wissen, d a r u m sagt Matthäus 5: Beati pauperes spiritu. Alleine sie behalten nämlich ihre Unschuld. Das Himmelreich ist einzig deshalb ihrer, weil sie, selbst wenn sie strafen, noch vermeinen dürfen, es handle sich um einen Akt der Gerechtigkeit. Sie k ö n n e n nicht fragen: Warum? Ihnen stellt sich die Frage nach der Freiheit ihres oder des anderen Willens so wenig wie die nach einer Freiheit des Handelns.
Wir übrigen aber, wir alle, verstricken uns schuldhaft – vorausgesetzt, wir akzeptieren eine Moral. Sie erst nämlich ist es, die uns – und zwar in jedem Fall, was immer wir auch tun – schuldig werden läßt. Deshalb ist, sofern er handelnd urteilt, der integerste Mensch immer auch derjenige, der objektiv die meiste Schuld trägt.
(CCCLXXXIII).
[Ein andres ist Notwehr, selbst Tötung aus Affekt. Moralische Schuld – von Verursachung strikt zu unterscheiden – beginnt erst da, wo intellektuell verhandelt wird.
Keiner, der nachdenkt, findet aus diesem >>>> furchtbaren Paradox je hinaus.]
unentrinnbar Als in meine eigenen moralischen Werte verstrickter Mensch belade ich mich täglich neu mit Schuld. Selbst wenn ich auf das „Gute“, die besten Absichten hinter meinen Wünschen, Vorgehensweisen, Gesprächsführungen poche, mache ich mich schuldig an jenen, für die andere Wertvorstellungen gelten. Was nützt mir also meine Integrität, wenn sie nur für mich gilt?