5.12 Uhr:
[Villa Concordia Bamberg, Imrath Khan: Raag Bavant Mukhar.]
Also von einem „Arbeitsfortschritt“ kann ich für gestern nun wirklich nicht sprechen; bin – wie zuvor schon je in die vorigen drei – in die vierte Staffel von „Twentyfour“ abgetaucht. Die Serie ist derart gut gebaut, daß man sie am Stück sehen m u ß. Das kostet Zeit, aber ich habe auch die letzten Male nicht bereut. Wobei mir diese Staffel doch bisweilen ein politisch grummelndes Magendrücken bereitet: allzu deutlich ist die Schwarzweißmalerei Islamismus ./. USA, allzu heftig auch der proklamierte militärische Patriotismus. Andererseits: B e i d e Väter, der US-secretary of defense wie der Leiter der brutalen terroristischen Aktion, handeln geradezu gleichartig gegenüber ihren Söhnen: Der eine, der US-Amerikaner, läßt den seinen trotz seiner glaubhaften Liebe zu ihm foltern, um an (lose vermutete) Informationen zu kommen, der andere den seinen „um der Sache wegen“ erschießen; unterm Strich geht beiden die, sagen wir, StaatsRaison über die Person; insofern sind b e i d e einem abstrakten Prinzip verpflichtet, das sich am ehesten mit „Glaube“ übersetzen läßt. Oder s o herum: beide sind bereit und handeln auch so, für JHV ihren Isaak zu schlachten.
Acht Folgen von den vierundzwanzig hab ich jetzt gesehen; wie beim letzten Mal muß ich von drei Tagen ausgehen; und alles kann sich noch wenden: in der j e t z i g e n Wendung kommt plötzlich etwas ganz anderes ins Spiel, und es sieht so aus, als würden ihrerseits die Islamisten b e n u t z t. Das hält einen an der Serie: das sie sich letztlich dann doch nicht nur als Propagandastück abtun läßt.
Dann noch gestern abend bis gegen 23 Uhr mit Gerald Zschorsch, meinem Mitstipendiaten, im „Klosterbräu“ beisammengesessen und geredet. Wir haben uns nie recht gemocht früher, es war immer gegenseitige, eher ablehnende Distanz, wenn man sich auf Veranstaltungen zufällig traf. Nun ist das plötzlich anders, und man e r z ä h l t einander, die eigene Geschichte, weniger von der eigenen Literatur. Die aber dann schließlich doch eine Rolle spielt. Er ist überaus heftig in seinen Urteilen; schon deshalb bin ich auf meine Lesung am Dienstag hier im Haus gespannt. Sie wird manches richten, manches wahrscheinlich auch wenden können; egal, wie viele Leute dasein werden.
Ein tief verhangener Himmel, dazu hat es offenbar die Nacht hindurch geregnet. Regen ist auch fürs Wochenende vorausgesagt; deshalb werde ich wahrscheinlich morgen und übermorgen mit dem Jungen in Berlin bleiben, es sei denn, er wünscht sich etwas anderes. Also wird das erst am Nachmittag entschieden. Mein Morgenzug zu ihm geht wie immer um 7.09 Uhr; ich will hier vorher noch etwas Ordnung schaffen. Wahrscheinlich guck ich im Zug „24“ weiter – oder ich geb mir gegen die „Seriensucht“ einen Stoß und arbeite.
Guten Morgen, Leser.
7.21 Uhr:
[ICE Bamberg-Berlin. Dallapiccola, Il prigioneriero.]
Hab Nachdurst, mir aus dem BordBistro ein alkoholfreies Bier geholt und den Stoß g e g e b e n. Neue Vornahme deshalb, da die strengen DTs’se momentan nicht funktionieren (und auch in Hinsicht auf „Twentyfour“’s Suchtpotential): Jeden Tag wenigstens drei ARGO-TS-Seiten, bevor d i e nicht jeweils dastehen, wird nix anderes gemacht. Punkt. (Unter solchen Selbstkondition{ierung}en habe ich seinerzeit schon THETIS geschrieben.)
Also ran.
12.25:
[Berlin, Kinderwohnung.]
War eine g u t e Vornahme: Die drei ARGO-Seiten flutschten nahezu… mit zwei Stopp-Situationen, über die ich nachdenken mußte, die ich dann aber löste… a u f löste in eine Szene, die gehörigen Witz hat und bei der ich nachher gleich weitermachen kann.
Jetzt erst einmal auspacken und schauen, was so zu tun ist hier in Berlin. Den Jungen hole ich um drei von der Schule ab, dann geht’s auf ein kleines Konzert in der Musikschule. Danach ist es offen: bleiben wir hier, fahren wir nach Bamberg zurück?