Sonnabend, der 27. Mai 2006.

5.16 Uhr:
[Villa Concordia Bamberg. Tiefe, schwer zusammengeballte Wolkenfronten, die nach verdorbener Watte aussehen – ja, das fällt mir als Beschreibung ein: nach verschmutzter und von oben massiv zusammengepreßter Watte, die nur zur Erde hin noch etwas locker Bauschiges hat – und auch da nur zuweilen.]
Alle Feste fielen hier des Wetters wegen im Wortsinn ins Wasser: das Straßenfest auf der ‚Schranne’ – gestern nachmittag stand an den Ständen außer ihren trübsinnig wirkenden Betreibern g a r niemand mehr, und am Abend wurde denn ‚die Regnitz in Lichtern’ abgesagt, zu welchem Ereignis das Künstlerhaus, war zu lesen, enorme Summen ausgegeben. Und die eine ‚gestattete’ Waschmaschine kämpft gegen die je-wieder-neue Schmutzwäsche an, die die Jungs, kehren sie heim, nach ihren Touren hier mit anbringen: völlig durchnäßt und verdreckt ist jedenfalls m e i n Sohn jedesmal, er muß nur für eine halbe Stunde hinausssein. Sein Recht, b e i d e r Jungen Recht: ich find’s ja ganz prima, daß sie sich ihre Abenteuer vom Himmel nicht vermiesen lassen, sondern draus machen, was man machen kann. Freilich sieht das Studio mittlerweile was a u s!: es ist letztlich zu klein, als daß es den anfallenden Schmutz bewältigen könnte, der Boden ist ebenfalls verdreckt nun, denn es ist nicht einmal einfach, die Schuhe draußen auszuziehen, weil sie sofort auch innen naß würden dann usw. Ich nehm’s gelassen.
Der MOZART-Text wurde in der Rohfassung nicht g a n z fertig, aber fast; habe vieles umgeschrieben ergänzt ausgefüttert. Und das Ende ist noch nicht formuliert, weil mir eine griffige Modulation hinein noch nicht einfiel; aber das geschah e b e n, als ich erwachte. Daran also wend ich mich gleich. Es ist eine hübsche, freche Volte: ‚wenn Engel küssen, könnte man sagen, sofern denn das Mozartl Engel w ä r. ‚Es’ ist aber diesbezüglich noch als Toter zu irdisch – ein Meister der Kombination, wie ich lernte, nicht etwa einer der Invention.

Für ARGO kam ich ebenfalls auf eine Lösung. Ich hatte immer das Problem, daß zwar die Achillëis-Stellen bei aller Pfriemelei ganz prima laufen, aber die Synchronisation der Textmengen stimmte, dachte ich, nicht. Bis ich eben gestern begriff, daß der gesamte Überhang – also das, was von Goethes Text nach Abschluß des vierten ARGO-Teiles und damit der eigentlichen Erzählung ‚übrigbleiben’ bleiben wird – vom, sagen wir, Thetismeer geschluckt werden muß: in es aufgenommen werden:: das heißt, >>>> der Goethetext, dessen Rhythmik und Versmaß ich präzise reproduziere, wird in den fünften Teil und durch ihn hindurchleiten, dann aber gelöst, also im Textbild nicht mehr als Hexameter kenntlich, wenn es auch einer bleibt. Damit wäre das Gerüst des fünften Teiles vorgegeben. Schließen allerdings werde ich pentametrisch. Da genügt dann, eben, ein einziger Satz, der letzte, der den Hexameter fünffüßig ‚bricht’.
Solche Ideen entstehen plötzlich, man erwartet sie nicht, man hat ihnen nicht zugedacht, jedenfalls nicht bewußt, sondern wie bei dem Engelskuß sind sie mit einem Mal d a und völlig plausibel. Meine Surfereien durchs Netz, die fahrig nach Ablenkung wirken, sind insofern Prozesse, die innere Sperren auflösen; früher ging ich in solchen ‚unproduktiven’ Zeiten bisweilen ins Pornokino; das hatte einen ganz ähnlichen Effekt. Sozusagen wird der inneren Verspannung durch eine körperliche Spannung begegnet; löst man dann d i e, löst sich die innere, geistige, mit. So ungefähr könnte dieser Prozeß funktionieren. Übrigens hilft auch Leistungssport.

14.03 Uhr:
[Regenguß, nachdem ich kurzfristig sogar auf der Kiesterrasse arbeiten konnte. Graun, Cesare e Cleopatra.]
Rohfassung MOZART fertig. Sogar schon ein bißchen für die EF herumgebastelt. Jetzt das Ding ausdrucken und auf dem Papier korrigieren. Und >>>> ein Paralipomenon zu Sherlock Holmes, auf den ich heute morgen im Gespräch mit >>>> The Source kam, muß noch formuliert werden.

(UF hat mir zotige Motetten von Mozart rübergeschickt, sie tragen solche Titel: „Leck mir den Arsch“ (KV 233), „Leck mir im Arsch“ (KV 231), „Oh du eselhafter Martin“ (KV 260b) – und auf meine Frage, ob das Fakes seien, folgendermaßen geantwortet:natürlich nicht. verleger haben gerne mal unverfängliche texte unterlegt, weil holy mozart ja kein schweinigel sein durfte. breitkopf hat aus dem eselhaften martin „Gähnst du, Fauler, denn schon wieder“ gemacht, und aus leck mich im arsch „laßt froh uns sein“. was nichts über die freuden des herrn breitkopf sagen soll…Klar, das taucht jetzt angetriggert in meinem Text auf.)

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