von Musik besser wird. Die größten Schurken, die ich gekannt habe,
waren tief muikalisch. Kunst ist irrational, das läßt sich nicht verleugnen.
Etwas birst in einem, und man beginnt zu singen.“
Allan Pettersson.
„Er ist solch ein Schwein! Wie darf er da eine solche Musik schreiben können?“
Tränenüberströmt saß die Frau noch immer da und zitterte. Niemand bemerkte sie, da sie sitzengeblieben war unter der Tausenden, die standen und dem Podium Ovationen brachten. Es war der 2. November 2005, Carnegie Hall. Wieder und wieder kam der Trompeter heraus, kam auch sein Team heraus: George Dewell (synth.), Michelle Personne (voc.), Nasrath Khan Anaswami (dr.), Wilm van’t Houven (bs.). Und der ganze Chor wurde immer wieder hinaufgeschickt, The Lord’s Choir, der ihn eingeladen und dessen Vorstand ihm diese „Madrigals of Time“ in Auftrag gegeben hatte, die nun etwas geworden waren, das so noch nie jemand gehört zu haben schien. Und vielleicht wirklich noch nie jemand so gehört hatte. Müller habe dem Klangkörper, schrieb tags darauf ein Kritiker, Klänge verliehen von Jenseits. Es ist offenbar, daß er nicht gewußt hat, wie wahr sein Satz auf eine ganz andere, eine radikal reale Weise war.
Gesualdo Müller verbeugte sich nicht, nicht e i n Mal, stand nur da und ließ den Jubel über sich. Unberührt sein Gesicht, unberührbar. Man kann fast sagen, er sei geekelt gewesen, so beherrscht der ganze Ausdruck des Mannes. So leidvoll imgrunde auch, so unfrei, so geworfen und getrieben zugleich. Und so hoffärtig. Schon daß er seiner kleinen Band diesen Namen gegeben hatte – „Gesualdo Müller Group“ – und sich selbst, kurz nachdem er sein erstes Opfer gefunden, zeigte das; wie verächtlich es war, daß niemand nachfragte. Wußte denn keiner, wer Gesualdo di Venosa gewesen war? Der Mörder hätte die Fotografien seiner blutigen Session vorlegen können, man hätte gesagt: Das sind Montagen. Er war sich dessen sicher, er war so voller Verachtung. Er hatte schon die nächste Musik von Jenseits im Kopf, das ging darin hin und her, stürmisch, böse, man konnte gar nicht anders, als sich zu beherrschen. Ein Weinen schwang darin mit, das Weinen dieser Frau, die in der vierzehnten oder fünfzehnten Reihe saß und sich noch immer schüttelte in ihren Krämpfen, wie eine von Fieberwellen überrollt wird, noch und noch. Hätte Gesualdo Müller sie bemerkt, aber das tat er nicht, er hätte gedacht: Erlöserin. Doch er hörte ihre Stimme, eine Sirenenstimme, in seiner inneren Musik. Und komponierte sie bereits hinein.