Heute weiß ich nicht, was ich ins Tagebuch schreiben soll. Das wird sich im Verlauf des Tages auch nicht ändern. Es gibt Tage, die ziehen sich nur lang und nichts passiert. Ihre Amplitude geht gegen Null. Das Einzige, was man mit relativ großer Sicherheit von ihnen sagen kann ist, dass sie wie die Vorherigen im Bett enden werden. Und dann wiederum gibt es Tage, da ist das Leben wie ein Komprimat, hart und dicht. Als Komprimat bezeichnete man in meiner >>>Wehrdienstzeit einen besonders harten Keks, der Nahrung für den Ernstfall sein sollte. Der Ernstfall trat öfter ein, als die Militärverwaltung dachte. Denn oft verloren wir bei Übungen im freien Feld unsere Gulaschkanone. Nicht etwa an einen eingebildeten Gegner, der scharf auf die Erbsen mit Speck hätte sein können; nein, das muss keiner denken. Der Verlust der Feldküche, sie fuhr in der Regel den Tross mit Abstand hinterher, war eher der „kartographischen Intelligenz“ eines Spießes zu danken, dessen Leibspruch, wenn er einen über den Durst getrunken hatte, das kam bei Übungen oft vor, mir gegenüber lautete: Anwärter Reichenbach, bilden sie sich ja nichts auf ihr Abitur ein, das nützt ihnen hier gar nichts. Der dümmste Soldat ist ihnen haushoch überlegen, wenn er den richtigen Klassenstandpunkt hat. Also stellen sie ihr Funkgerät an und suchen sie die Küchenheinis. Auf meinen Einwand hin, dass Funkstille befohlen sei, erwiderte er: Sie hamm doch Abitur, lassen sie sich was einfallen.
Einen harten Tag habe ich übrigens morgen vor mir. Mein Vorgesetzter rief vorhin an und krähte durchs Telefon: Freitag, Punkt 10:00, nicht eine Minute später, wenn ich bitten darf, will ich sie bei mir sehen. Ich habe mir, lieber Herr Reichenbach, ihre Vorlage über die Einführung neuer Software in unsrem Hause angesehen, und sage ihnen jetzt schon, da stiften sie nur Unruhe, aber mehr dazu morgen…. Und: Denken sie heute schon darüber nach, wie dieses Papier wieder in ihrem Schreibtisch verschwindet. Sehen sie zu, dass ihnen etwas Vernünftiges einfällt…