Paul Reichenbachs Freitag, der 20. Oktober 2006. Kein Platz für Antigone.

Die Zerstörung der Website des Gutleutverlages ging mir sehr nach und ließ mich schlecht schlafen. Was müssen das für Leute sein, die, ohne Respekt für die Kunst, meinen zerstören zu müssen? Im besten Fall sind sie verwirrt wie die Studenten anno 1817 auf der >>>Wartburg, die den Code civil verbrannten und jubelten als der deutsche Dichter >>>Kotzebue von >>>Karl Ludwig Sand erdolcht wurde. Mord und Totschlag sind ein besonderes Kapitel in der Geschichte. Vergebung und Fairness haben Aischylos, Euripides und Sophokles schon in grauer Vorzeit abgehandelt. Offenbar ohne Erfolg. Warum tritt der Mensch nach, wenn sein Feind bereits am Boden liegt ? Als Wehrpflichtiger wurde ich zur Bereitschaftspolizei (Volkspolizei) einberufen. Ich war dort Funker. Eines Tages, besser eines Nachts hupte im Dauerton das Alarmhorn durch die Kaserne. Zwei russische Soldaten waren von ihrer Einheit desertiert und versuchten, schwer bewaffnet, sich nach Westen durchzuschlagen. Wir sollten sie finden, stellen und der sowjetischen Armee übergeben. Obwohl viele Angst hatten war das Verständnis für die Deserteure, bis auf wenige Ausnahmen, allgemein. Keiner von uns war erpicht sie zu finden. Aber wie es das Unglück wollte traf meine Kompanie auf die Fliehenden in einer Kleingartenanlage. Unser Zugführer begann uns grade zu zeigen, wie eine Laube angeschlichen und erobert wird, da schoss es schon aus ihr. So schnell war ich noch nie in Deckung. Dann hörte man noch zwei Schüsse. Einer der jungen russischen Soldaten hatte sich erschossen. Mittlerweile hatten sowjetische Offiziere das Kommando. Der zweite Ausreißer öffnete die Tür und ergab sich und wurde sofort erbarmungslos vor unseren Augen verprügelt. Dann zogen die Offiziere die Leiche des Selbstmörders aus der Gartenlaube. Und trampelten auf ihr herum. Es war schrecklich. Als ich dann später im Gespräch mit meinem Zugführer das Erlebte als inhuman und menschenfeindlich bezeichnete leugnete er die Realität, obwohl er dabei war. Sie waren, so sagte er zu mir, übernächtigt und sahen Gespenster. Und wenn sie diese Einbildung weitererzählen hat das harte Konsequenzen für sie.. Seit diesem schlimmen Erlebnis, das Tote und Wehrlose, die eh besiegt sind, misshandelt werden, habe ich mir geschworen nie Ähnliches zu dulden. Gleich welche Vergehen den gefangenen Deliquenten zur Last gelegt werden.
Die blind in blinde Spiegel schauen
Die über eigne Fehler immer schweigen
Die gern auf Köpfe andrer hauen.
Die niemals sich in Frage stellten
Die stets nur meinen sie sind Helden.
Die mit dem Finger auf die Andern zeigen.
Die hab ich satt.
So satt habe ich die, dass es mich ekelt.

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