6.17 Uhr:
[Berliner Küchentisch. Beethoven, opus 109.]
Nächster Versuch, mit dem Rauchen aufzuhören. Die Bölkerei, vor allem, wenn ich Fahrrad fahre, hat etwas zu Beängstigendes. Und: Ich schreib momentan zu viel über den Tod, um nicht gewarnt zu sein.
Irgendwie bin ich aus den Elegien rausgefallen, merkt’ ich schon gestern. Mir fehlt für die Elfte ein Ansatz; ich weiß, worüber sie ‚handeln’ soll – Musik -, aber das Schneebild aus der unmittelbar erlebten Erfahrung legte sich wie eine Schneedecke auf die Inspiration. Und dann war der Schnee auch noch liegengeblieben im Thüringer Wald und so plötzlich ein Winter (von dem die zehnte Elegie bereits s p r a c h: Rauhnächte). Unabweisbar die zunehmende Erfahrung: daß psychisch gleich Zeiträume verschieden schnell ablaufen, und zwar ganz unabhängig von Erlebnissen, mit denen sie vollgepackt oder nicht vollgepackt sind. Langeweile d a u e r t, das kennt jeder, Spannung vergeht im Nu, und beides brauchte doch exakt zwei Stunden. Das läßt sich plausibel erklären. Weniger aber dieses: daß auch, je älter man wird, desto schneller diese Stunden sind. Schließlich rasen sogar die Wochen. Welchen Zeitraum ist für ein Kind ein T a g! Wie erregend-qualvoll war’s, saß man nachmittags und wartete auf die Weihnachtsbescherung, da ging die Zeit ja gar nicht vorüber… Heute ist’s, als würde einmal geblinzelt. Und s e i n e Lider, ganz unsren entsprechend, gehen schon vibrierend auf und zu. Es und sind die Messer eines Shredders: Wir sehen’s, sind wir nahe heran.
D i e s e Erfahrung, also, müßte in die drei letzten Elegien mit hinein. Und auch das legt sich über meinen Willen, eine Elegie über Musik zu schreiben. Vielleicht hab ich aber einfach auch schon zu viel von ihr in die PETTERSSON-Dichtung hineingeschrieben; es wird schwierig, sich nicht zu wiederholen. Dennoch hat diese einen ganz anderen Fluß, und darum will ich sie eben d o c h nicht zu einer Bamberger Elegie umformen.