Arbeitsjournal. Mittwoch, der 11. Januar 2007.

4.54 Uhr:
[Villa Concordia Bamberg.]
So, nun die noch letzten fertiggewordenen Neu-Korrekturen übertragen, dann an den Freund zum Ausdrucken mailen. Ich hatte das Steuer erst noch herumreißen wollen und ihn gestern gebeten, vielleicht am Montag den ARGO-Packen selbst zu Döblin ans LCB zu schicken, „aber ich hab doch schon 550 Seiten an Dich zurückgeschickt“, hat er darauf geantwortet; nun wird die Jury mit einer in der Korrekturphase von EF zur ZF auf der Hälfte steckengebliebenen Version Vorlieb nehmen müssen. Dazu wieder der Freund, ganz pragmatisch: „Meinst Du, irgendeine Jury liest so ein Manuskript komplett?“ Wahrscheinlich wird man es eh als eine Kampfansage begreifen oder als eine Art von Nötigung, daß einem jemand 1000 Typoskriptseiten auf den Tisch knallt. Mir ist die damit verbundene Zumutung durchaus klar; nur will ich, daß man weiß, w a s man ablehnt, w e n n man‘s denn tut. Wovon ich innerlich ausgehe, vor allem bei der anderen Ausschreibung, der des Berlin Stipendiums, dessen Jury ja am 31. ebenfalls den g a n z e n Packen bekommt. Man hat mir >>>> dies hier ziemlich übelgenommen im letzten Jahr. „Ich bin einer von den Bösen“, erklärte ein seinerzeitiges Jurymitglied auf der Rolltreppe in Halle 3 der Frankfurter Buchmesse, als ich den Mann nicht gleich erkannt, also ihn hatte nicht unmittelbar zuordnen können und auf eine Weise fragend grüßte, die das ganz sichtbar machte. (Im übrigen ist mir das Problem solcher Juries durchaus bewußt: es kommen Hunderte Einsendungen; imgrunde können sich die Leute nur auf ihren Instinkt und darauf verlassen, daß jeweils die andre Jurorin/der andere Juror aus den ihr/ihm zugeordneten Sendungen etwas Richtiges auswählt. Nicht alle Juroren bekommen immer alles zu lesen, die Auswahlmodi und Verfahren sind jeweils verschieden; für manche Preise und Stipendien wirkt etwa eine Vorauswahl, im Falle des Berlin Stipendiums teilt man sich die ersten Lektüregänge auf; das ist eine reine Frage der zeitlichen Ökonomie – aber, und das ist m e i n e Position,wer sich auf solche Verfahren einläßt, muß sie auch öffentlich, d.h. mit eigenem Namen, vertreten. Und auch Bewerbungen um Kunstpreise gehören zum Kampf: Juroren haben Vorlieben und Abneigungen – ich hätte das als ein solcher ganz ebenso -, und die sind nicht nur ästhetischer, sondern oft auch persönlicher Natur. Nicht selten schlägt so etwas unbewußt durch und bestimmt die eigene Entscheidung zumindest m i t. Wenn nicht anderer Vorlieben da modifizierend wirken und man das Pech hatte, im falschen Topf zu landen, dringt man gar nicht erst bis zu einer gemeinensamen Jury-Entscheidung durch. Menschlich ist auch das nachvollziehbar; dennoch wehrt man sich als Betroffener: das ist letztlich kein Akt moralischen Inkriminierens, sondern die Reaktion eines Beutetiers, das sich nicht fressen lassen will. Daß aber der Freßfeind Hunger hat, kann man ihm nicht zum Vorwurf machen. Man steht auf verfeindeten Seiten, das ist alles, der Kampf ist ein existentieller, nicht ein moralischer.)

Ich freu mich nachher auf >>>> Dielmann. Um elf hat er sein Gespräch mit >>>> Direktor G. wegen der hiesigen Buchreihe und also auch der >>>> Bamberger Elegien. Danach werden wir den Tag wohl gemeinsam verbringen, vielleicht schon etwas lektorieren; zum Kaffee wird >>>> Zschorsch dazukommen. Eventuell fahre ich dann abends bereits wieder nach Berlin zurück, oder ich nehme morgen den Frühzug.

23.33 Uhr:
Guter Tag, ich geh auch gleich schlafen. Langes Gespräch mit >>>> Dielmann, der hier war; über die BAMBERGER ELEGIEN gesprochen, die im Herbst kommen sollen, und aus ARGO vorgelesen. Diese Entscheidung s t e h t nun: Dielmann wird auch den Roman herausbringen, mitsamt einer Neu-Herausgabe Zweiter Hand von THETIS und BUENOS AIRES. Ich denk mir, ich hör jetzt wirklich mal auf, nach Großverlagen zu schauen, die Vorschüsse zahlen können. Das hab ich Dielmann so auch gesagt. In zwanzig Jahren redet eh keiner mehr davon, ob ich im Voraus Geld für den Roman sah; da kommt es nur noch darauf an, daß er erschienen ist. Auf ein wenn auch noch so dringend benötigtes Geld zu hoffen und dabei zu riskieren, daß das Buch n i c h t erscheint, ist Unfug.
Mit Zschorsch verstand sich Dielmann überdies prächtig; insgesamt war‘s ein guter Tag. Und morgen in der Frühe geht‘s heim zur Familie. Möglicherweise tauche in nächste Woche in Bamberg g a r nicht auf: zur >>>> Lesung in Köln fahr ich von Berlin aus, von Köln aus dann zur >>>> Lesung in München und freitags von dort, wahrscheinlich o h n e Zwischenhalt, direkt nach Berlin in die Familienarme zurück.

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