B.L.’s 20.2. – Identitäten

16.02
Nur mit einer lächerlichen Mittagspause bis jetzt gearbeitet (der Wecker stand auf 6). Und jetzt ist Endstation. Nichts geht mehr. Nicht wie beim Roulette, wo Willkür (des Croupiers) und Zufall (des sich Drehenden) herrscht, sondern Prellbock am Ende der Schienenstrecke, es sei denn, die Lok spielt verrückt und fährt in den Bahnhof hinein. Dem soll aber nicht so sein. Also ziehe ich rechtzeitig die Bremse. Draußen bellt jetzt der Hund. Einen Moment lang dachte ich gerade: Nun gehe ich selber ein paar Schritte aus dem Hause. Aber es paßt jetzt nicht in meinen Fluß. – Ich bemerke gerade im mentalen Nachlesen, wie unterschiedlich doch Texte sind, die ein Ich in der dritten Person erzählen. Das hat durchaus etwas Verwirrendes. Aber erzählte ich nun von mir in der dritten Person, ich wäre nicht mal mehr Bruno Lampe, der ich nicht bin, der dann auch noch unter einem anderen Nick noch Anderes und einem noch anderen Nick noch noch Anderes verzapft. Und per Mail bekam ich heute beschrieben, wie man Schokoladenosterhasen herstellt. Einst nannte ich mich gern Hung Tschu Tse in Anlehnung an meinen eigentlichen Namen, nachdem ich Brechts Me-ti *) gelesen hatte. Selbst als Alobar vernickte ich mich einmal, nach dem Protagonisten von ‚Jitterbug Perfume’. Danach wählte ich ein schlichtes ‚dill’. Ich ließ mir auch mal von einem Afghanen meinen Namen in seine Schrift transkribieren: wunderschöne Schnörkel standen daraufhin unter meinen Briefen.

Heute fand ich dieses in einem meiner Hefte: Es handelt sich um Aufzeichnungen von 1977, als ich von Wolfsburg nach Neukölln umgezogen war.

Allerdings hatten sie damit nichts zu tun. Die Tagebücher von Leisewitz, aus denen dieses stammt, las ich erst später.

*) Der Fluß der Dinge

Mie-en-leh lehrte: Solche Sätze wie „Regen ist gut“ oder „Regen ist schlecht“ sind entschieden zu kurz.

Wenn der Regen, den das junge Korn braucht, um nicht zu verdursten, zu lange fließt, dann ersauft es.

Ein anderes Beispiel: Wenn man eine Photographenplatte lange belichtet, dann wird sie zuerst grau und dann schwarz. Wenn man sie noch länger belichtet, wird sie wieder grau.

Solche Sätze wie „Das Belichten einer Photographenplatte macht diese schwarz“ sind falsch.

Brecht: Me-ti: Buch der Wendungen

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