Wenn es Wirklichkeitssinn gibt,
muss es auch Möglichkeitssinn geben…
(Musil)
Fast alle Konjunktive sind richtig. Dieser Satz aus Walsers Roman >>> «Ohne einander», das ZDF strahlte gestern die Verfilmung aus, prägte sich mir tief ein. Er holte mich schlagartig aus einer beginnenden depressiven Verstimmung. In der Nacht, ich konnte nicht schlafen, habe ich dann noch einmal Walsers >>>„Angstblüte“ gelesen. >>>Meine soziologischen Vorbehalte, die ich beim ersten Lesen dem Buch gegenüber empfand, spielten plötzlich keine Rolle mehr. Mag sein, dass ich das Thema vor einigen Monaten nicht wirklich an mich heranlassen wollte. Wer liest schon gern von den Mühen des Alters. Ein großer Roman, dessen Pathos mich erst in der vergangenen Nacht erreichte. Die Lehre, die ich aus meiner vorschnellen Bewertung der ersten Lektüre ziehe, heißt für mich: Frage dich immer, wenn du ein Buch, einen Film, eine Oper – und „Angstblüte“ ist wie eine Oper konstruiert -, welche Teile der eigenen Misere in dein Urteil einfließen. «Ohne einander» war ein Fernsehabend nach meinem Geschmack. Und wer mäkelt, es sei in dem Film zu viel Sex und Alkohol gewesen hat weder in seinem Leben etwas vom Fliegenden Holländer noch von Undines Sagenwelt gehört. Wer sich aber, ob Mann oder Frau, in einer ehrlichen Stunde, die Begierden des Alters eingestehen kann, wird von der Dramatik des Filmes ergriffen gewesen sein.