B.L.’s 6.6. – Platzwechsel

18.12
Wenn zuvor der Tag mit dem Schatten endete, den die untergehende Sonne von unserem Haus auf dem Acker immer weiter vor dem Fenster wachsen ließ, hinter dem ich am Schreibtisch saß, dann hängt das Tagesende jetzt allein von mir ab, denn der Blick aus dem Fenster zeigt keine Schatten mehr, die Sonne ist am Tage so senkrecht über mir, daß ihre Strahlen trotz der nach Süden gehenden Fenster und wohl wegen des Balkons darüber nicht in die Wohnung dringt, mehr noch: ich sehe die Sonne gar nicht mehr. Immer sind’s die Niederungen des Tibertals mit dem Monte Soratte in der Mitte (ach ja, bei Goethe fand ich noch dieses: „Vom Schlosse ist die Aussicht sehr schön; der Berg Soracte steht einzeln gar malerisch da, wahrscheinlich ein zu den Apenninen gehöriger Kalkberg.“ [Città Castellana, 28. Oktober <1786>]), und ihn sieht man mehr und minder scharf. Heute nachmittag wieder ein Gewitter, und man sah nur sehr schwach seine Kontur: ein kaum dunkleres Grau als das Grau der Wolken. Aber der Regen hat jetzt nachgelassen, nachdem es noch einmal kräftig ins Dorf hineingeknallt hat. Salut. — Ich fange langsam an (so mein Gefühl), mich hinter meine eigenen Augen zu setzen, um mich anzuschauen und (hoffentlich) „wahr“-zunehmen, statt mich hinter ihre Augen zu setzen, um vorwegzunehmen, was sie selber an mir für „unwahr“ nimmt, und es mir als Fehler auszulegen. Hierzu gehört auch meine derzeitige Gleichgültigkeit, mit der ich Fragen wie „Gasherd“ (man will mir partout den Gasherd andrehen, den wir uns einst in Rom für die erste Wohnung anschafften, der dann in der römischen Wohnung landete, die immer noch der Neffenmutter gehört und die sie vermietet hat) und „Waschmaschine“ und Wohnungseinrichtung angehe (obwohl, bei letzterer vielleicht weniger: viele Sachen liegen herum, die unterzubringen sind – also zunächst die praktische Seite (alles andere überlasse ich dem Zufall und meinem Gusto, dem ich Eile weder vorschreiben kann noch mag, und dem sowieso ein Riegel vorgeschoben ist, solange die finanziellen Ressourcen nur fürs Nötigste herhalten können)).

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