Die Dschungel. Anderswelt.

20.18
Kurzer Moment der Rührung, weil ich dachte, daß ich doch dankbar sein sollte, in diesen Landschaften hier zu leben. Deren Anblick einfach Freude bereitet. Ob hier, oder das geliebte wilde Etrurien mit den Nekropolen, die engen Täler, wenn ich nach Rieti fahre und früher noch weiter bis nach Avezzano in den Abruzzen, als die Schwiegereltern noch lebten, wo die Berge schon kahler werden, weil sie einst höher hinauf gewachsen sind. Ja doch, ich beschränke mich auf dieses Mittelitalien nördlich von Rom, weil ich diesen Teil besser kennengelernt habe als manch anderen Teil Italiens. Vielleicht eine Art Prozeß der Verheimatlichung. Es ist ja nicht so, daß das flache Land wie in Niedersachsen Weite vermittelt: der Blick endet am nächsten Waldsaum. Was jetzt auf Arno Schmidt gemünzt war. Nein, Weite vermittelt sich auf halber Anhöhe mit einem Blick über das Land, der sehr viel weiter reicht als in der norddeutschen Tiefebene (Kalauer aus der Schulzeit: die tiefe Behne, womit nicht die sich auf Leine reimenden hannöverschen Mädchenbeine gemeint sind oder die klabundschen Baumel-Beene, sondern schlicht ein häufiger Nachname in meinem – und schrieb erst „unserm“ (was ich aber nicht meinen kann, weil mir jedes Wir-Gefühl abgeht) – Dorf). Die Rührung, die dabei entsteht (mit Rom mag’s mir manchmal auch so gehen), wird wohl einmal in dem Gefühl der Dankbarkeit liegen, die in mir aufsteigt, so daß ich fast von mir selber gerührt bin, und dann ist sie meistens auch mit Vorstellungen verquickt, in denen ich all dieses mir wichtigen Personen zeige. Als wollte ich sagen: Hier, guck mal, das bin ich auch. Und so wirkt dieser weitere Spiegel wie ein Vergrößerungsspiegel, und seit der „Insel mit zwei Bergen“ weiß ich ja, daß das Ferne immer größer erscheint als das Nahe. Nun wird’s diese Erkenntnis nicht erst seit der Augsburger Puppenkiste geben – das ist mir schon klar -, aber ich bin ihr zum ersten Mal dort begegnet.