5.01 Uhr:
[Arbeitswohnung.]
Arbeitsbeginn. Moment… –
…Zischen
…Küche
Mich beschäftigt seit gestern abend das andere Gedicht unter der Haut, so daß ich vielleicht parallel zur Weiterarbeit an der Achten Bamberger Elegie daran etwas tun werde. Es ist von einem Lied Pounds inspiriert, glaube ich, das mich, seit ich es vor etwa einem Jahr zum ersten Mal las, nicht mehr losließ:
De AEGYPTO
I, even I, am he who knoweth the roads
Through the sky, and the wind thereof is my body
I have beheld the Lady of Life,
I, even I, who flys with the swallows.
(…)
Bei mir wurden, und ich werde mir über den Einfluß erst allmählich klar, aus diesem Ton die Zeilen
Ich bin der Wind, der in der U-Bahn nach Fleisch riecht
Ich bin der Zahn im Mund eines Siechen
Ich bin das Glück
ohne daß ich auch nur schon die Überschrift hätte. Doch es r u m o r t.
In der Elegie bin ich gestern in einem Bild hängengeblieben, dessen Ton wiederum ganz deutlich auf die AEOLIA verweist:
Regnet es? Hebe den Blick. Solch ein anderes Rauschen
drang durch die Tür, fallender Nässe, die fedrig
fällt wie (v) Blätter (v) fallen… wie Nebel, (v) die ihr
winken, und ihnen – Kondenzen aus Tröpfchen, die noch
zögern, zum Niederschlag sich zu vereinen.. und weinen –
(Heute morgen also wieder übers Handy ins Netz.)
17.50 Uhr:
Einen enorm intensiven Traum während des Mittagsschlafes gehabt, worin es eine Rolle spielte, ob man Kampfelefanten reiten könne, es war eine Mutprobe, fern, in einem Urwald, die ich beinahe ver(!)sc hlief. Ich erschien in allerletzter Minute. Eine Frau, die aber alles fest dirigierte, war wie zum Preis ausgesetzt und legte ihre Wange später nah an meine, wehrte aber den versuchten Übergriff spielerisch ab… herausfordernd ab. Sie war ausgesprochen mythisch, ausgesprochen zugegen, aber leicht wie eine Fechterin. Wie ich schließlich reagierte, das zu erfahren, davor schützten mich Unbewußtes und Wecker… (ich habe das Gefühl, der Traum sei in dieser Parallelwelt ganz ohne mich weitergegangen; wahrscheinlich geht er immer noch weiter).
Immerhin hab ich eine schöne Fantasie um die Venus von Milo in die Elegie eingebaut; kann sein, daß der Traum mich drauf brachte:
( – v v – v v – v)… Erinn’rung an Yorgos, wie der,
zweitausend Jahre ist’s her, mich herausschlug, aus Marmor, nachdem
mich seine Hände – des Jupiters Hände, doch schmutzig… so weltlich –
angefaßt hatten? – sie schwitzten erregt… – | Hieß er nicht auch so:
Yorgos von Milos? wie der, der mich fand? | Spür noch bis jetzt
unter den Blicken die Küsse… und wieder, des Bauern – ein Zucken…
Bis eine Seite vorm Ende der Achten vorangekommen, schließe ich heute die Arbeit mit der Frage ab:
Hörte man je die Sekrete besingen?
Sowas um zehn treff ich den Profi… wieder mal >>>> Bar…
secrets singing LIeber Alban,
Alba, steckt diese form nicht schon im namen, aber doch, doch.
Und, ein rückgriff auf frühere, gestrige dschungeltage, kommtnicht auch dein festes handwerk von pound – selling england by the pound – jethro tull?
Vor allem aber: TSE, der seinem Waste Land nach der Sibylle von Cumae dies unter- und vorschub:
For Ezra POund
il miglior fabbro
somit Eliot sich eines Tributs, „teh better craftsman“, das in Dantes Purgatorio dem Porvencal poet Arnaut Daniel beschieden und gezollt.
Von den Ufern der Regnitz grüßend, herzlich,
prufrockbam
@prufrockbam. Danke. Ich habe das Spiel mit den Geheimnissen aber auch sofort, nachdem ich Deinen Kommentar las, in die Elegie übernommen – und das führt s e h r weiter, hat fast einen kleinen Knoten aufgepult, der den Fluß hemmte.
Wegen Pound irrst Du. Daß ich mich mit ihm beschäftige, begann während der Arbeit an den Elegien – nein, stimmt nicht… Eisenhauer, der nüchterne, zitierte mir vor längerem einen Satz, den er auf meine Arbeit anzuwenden fand; ich versuchte mich eben zu erinnern, welchen, aber er ist momentan weg – obwohl er mich lange, lange beschäftigt hat, ohne daß ich doch deshalb nach Pound gegriffen hatte… er entstammt den Pisaner Cantos, das weiß ich jetzt noch. The Vaste Land, il minor fabbro, las ich übrigens bis heute nie… meine lyrischen Kenntnisse im Sinne profunder Bildung sind im Vergleich zur Prosa bei Lyrik gering; es hat mich einfach Weniges halten können, das ich versuchte… Benn selbstverständlich, in der Jugend Celan, zur Wolpertinger-Zeit Apollinaire und Desnos und Chlebnikow, außerdem immer wieder mal Rilke, zudem Christa Reinig mit ihren Sonetten, spät erst Hölderlin sowie der ältere Goethe, Ungaretti, Montale. Und ein kleines bißchen Heine. Sehr viel mehr hat da profund meine Bildung nicht zu bieten. Aber ich hole nach und auf.