Ab Freitag 3 Wochen Urlaub. Eine Woche Florenz und anschließend 2 Wochen wandern. Irgendwo in Italien oder in der Schweiz. Ein Treffen mit Bruno wird nicht möglich sein. Ich will, dass wir diesmal ganz unter uns bleiben, meinte sie. Du hast die letzten Wochen nur am PC gesessen oder bist draußen herumgeschwirrt. Ich kann das verstehen, denn seit Beginn meiner beiden Erzählstränge war ich, unabhängig von meiner „litauischen Krankheit“, gestern trudelte noch eine Adieu-SMS vom Flughafen Hahn ein, nur mit Schreiben beschäftigt. Das Kapitel über die seltsame Art des Amtes in dem P. arbeitet werde ich im Urlaub zu Ende führen. Parallel zu den konzipierten Geschichten musste das Bibel- Referat ausgearbeitet werden. Das ganze Wochenende saß ich dran und denke, dass es gut wird. In der lokalen Presse wurde die Veranstaltung unter dem Titel: „Die Bibel in gerechter Sprache – eine Karikatur? angekündigt. Ich finde das ziemlich fies von den Organisatoren. Und werde eingangs folgendermaßen darauf eingehen:
„Lassen sie mich, bevor ich in medias res gehen werde, etwas zur Form der Ankündigung dieser Veranstaltung sagen. Die „Bibel in gerechter Sprache“ ist für mich keinesfalls eine Karikatur. Im Gegenteil. Die ungeheure Mühe der vielen Mitarbeiter den biblischen Dingen einerseits auf theologische und gesellschaftspolitische Weise philologisch auf den Grund zu gehen, um andererseits den Text in ein modernes Sprachgewand zu kleiden, nötigt mir bis auf den heutigen Tag großen Respekt ab. Gegen Luthers Sprachmächtigkeit hat und wird sie allerdings auch in Zukunft keine Chance haben! Aber trotzdem ist es eine dieser Arbeit nicht gerecht werdende unernste Sprachschluderei, wenn, in diesem Zusammenhang öffentlich der abwertend gemeinte Begriff Karikatur gebraucht wird. …“
Hier ein willkürlich gewählter Auszug aus meinem Vortrag:
Der über Jahrtausende überlieferte Text, von dem wir wissen, dass er unzähligen Redaktionen, dies betrifft das Alte Testament ebenso wie das Neue, interessengeleitet ausgeliefert war, sollte, so habe ich es verstanden, dem heutigen Verständnis von Gesellschaft ( inclusive ihrer Wertewelt) adäquat sprachlich modernisiert und angepasst werden. Ich halte das philologisch für ein riskantes Unternehmen. Ein Beispiel, warum riskant ? – aus der Theaterwelt. Nehmen wir Shakespeare. Sein Drama Macbeth. Eine fürchterliche Geschichte,
deren katastrophaler Verlauf vor allem von Lady Macbeth vorangetrieben wird. Nun kann man heute als Regisseur des Stückes die Frau des Macbeth als determiniertes Opfer und nicht als Täterin, als eine von der Männergesellschaft der schottischen Clans abhängige Frau darstellen, die, um sich durchzusetzen, Mittel der Männerwelt anwenden muss. Und haben damit ein ganz neues Stück, das durchaus ein Recht auf Aufführung hat. Aber sehen wir da Skakespeare oder sehen wir in einer solchen Aufführung einen Kommentar zum Stück ? Ähnlich geht es mir mit der „Bibel in gerechter Sprache.“ Ich sehe in ihr nicht so sehr eine Bibel mit einer Art allgemeinen Verkündigungsanspruch. Für mich ist sie, und damit auch legitim, ein Kommentar zu den bisherigen Texten. Gleich, ob es sich dabei um die Luther – Züricher -, Jerusalem-Bibel oder die Einheitsübersetzung handelt. Ein zweites wichtiges Vorhaben dieser Neubearbeitung war es, wenn ich richtig gelesen habe, den Text des Neuen Testamentes, auch auf Grund bisheriger historischer Erfahrungen vom Antijudaismus zu befreien. Eine löbliche Absicht. Denn wir wissen, dass es im Christentum, gleich ob es sich katholisch, orthodox oder protestantisch empfindet (eine Ausnahme bilden die so genannten Altkatholiken), wenn es sich nationalkirchlich verstand, ich erinnere nur an die Judenverfolgungen im habsburgischen Spanien oder an die Pogrome in Russland und Polen im XIX und XX. Jahrhundert, der Weg nicht weit vom Antijudaismus hin zu einem aggressiven rassistischen Antisemitismus war. Diese schlimmen, katastrophalen Entwicklungen, denken wir nur an den Holocaust, unwiederholbar zu machen, ja sie gleichsam aus dem Christentum zu verbannen, scheint mir die positive Absicht der Herausgeber zu sein. Wer sich aber an die Geschichte z.B. des dt. Protestantismus im XX Jahrhundert erinnert und weiß, dass die „Bekennende Kirche“ im Gegensatz zur Müllerschen Reichskirche, nur ein kleines Häuflein war, wird den Antijudaismus, ob es ihm passt oder nicht, mitdenken müssen. Ihn heute aus dem Neuen Testament per Wortsuche/Neu-Übersetzung tilgen zu wollen, heißt auch die Erinnerung an eine der Ursachen des geschichtlichen Versagens vieler Christen vor Gott und der Welt mitverschwinden zu lassen. …
usw.