„Was nicht ist, kann wirken.“


– Erstes Paradox des Kybernetischen Realismus. –




[„Was nicht ist, kann, was werden wird, schaffen.“ Dieses Paradox ist einem „Ersten Hauptsatz“ vergleichbar und bezieht sich sowohl auf allein behauptetes Sein, wie z.B. Gottes und/oder der „Freiheit“, als auch auf denkerische Methodik an sich: Es lassen sich Modelle entwerfen, etwa das des „raumlosen Raumes“, >>>> gegen den einiges mit erkenntnistheoretischem Recht einzuwenden ist, ja die naturwissenschaftlich (empirisch) betrachtet vielleicht nicht einmal Wahrscheinlichkeit haben; werden sie aber mit anderen, ganz ähnlichen oder tatsächlich praktischen (mit materialem Grund erfahrenen) Modellen in Verbindung gebracht und über eine „reine“ Beschreibung hinaus in wechselwirkende Bewegung gesetzt, bekommen sie durch ihre Wirkung Wahrheit insofern, als das, was sie aussagen, sich mit etwas faktisch deckt, das durch sie erst entsteht, bzw. entstanden ist. Die einzige Voraussetzung dafür ist, daß solche Modelle angenommen werden. So ist aus der ursprünglichen Akzeptanz Gottes und den exegetischen Verfahren seiner Erforschung schließlich eine Disziplin entstanden, die einerseits genau diesem (monotheistischen) Gott ausschließend entgegensteht und andererseits die Grundlage der modernen technischen Gesellschaft bildet; zugleich ist er, als Kulturphänomen und damit causa prima, in letzter Konsequenz nicht mehr aus ihr wegzudenken. Ganz Ähnliches gilt für die „Freiheit“ oder gar Konstruktionen wie derjenigen eines „Gesellschaftsvertrages“. Hätten sich die Subjekte der Geschichte nicht praktisch mit ihm durchgesetzt, würden wir seine Setzung ganz ebenso verspotten wie die heidnischen Grundlagen eines Voodoo-Zaubers; er wäre nur ridikül. Denn es kann gar kein Zweifel daran bestehen, daß ein solcher Gesellschaftsvertrag de facto niemals geschlossen wurde, schon gar nicht von autonomen Subjekten.
Der Kybernetische Realismus macht sich diese Erkenntnis zu eigen und verwendet sie bewußt – also: steuernd.*]


*) Hier hinein fällt auch d a s:
„Wer lange genug Genie spielt, wird eins.“ (Dalí).
„Erst kommt der Größenwahn, dann kommt die Größe.“ (>>>> Krausser).


[Kybernetischer Realismus.
Poetologie.
Erkenntnistheorie.]


7 thoughts on “„Was nicht ist, kann wirken.“

    1. S e h r. Fein. (@walhalladada).

      Eine meiner Instinkte möchte das, was in solchen Prozessen geschieht, gerne mit >>>> Whitehead vermitteln. In mir klingelt sein Begriff „entity“ nach, klingelt schon seit Jahren nach – wobei dieses „nach“ nicht von hinten, sondern von weit weit vorne klingelt. Nur muß man sich – und muß vor allem ich mir selber – darüber klar sein, daß meine erkenntnistheoretischen Interessen an ihrem Grund immer poetologische, ja poetische Interessen sind.

  1. Die ‚Erkenntnis‘ dieses Paradoxon entgeht mir, vielleicht erklären Sie diese doch noch einmal.
    Bisher lese ich nur, daß etwas, um wirksam zu sein, nicht unbedingt aus Backsteinen bestehen muß, sondern auch als geteilte (ggf. diskutierte) Vorstellung von miteinander redenden Menschen da sein kann.

    1. @sumuze. Als eine geteilte oder nicht-geteilte Vorstellung, der keinerlei dessen entsprechen muß, was material da ist. Im übrigen erklärt die Erklärung darunter doch deutlich. Gesagt ist: Es ist egal, ob es Gott gibt; aus dem, was es möglicherweise nicht gibt, entsteht, was es dann gibt. K a n n entstehen. Meine Argumentationsrichtung insofern: Auch, wenn mit Gründen gesagt wird, mein Raumbegriff sei keiner, dem irgend ein Raum entspreche, kann über die Akzeptanz dieses Raumes etwas entstehen, das nicht entstünde, beugte ich mich (oder sich jemand) dem (berechtigten) Gegenargument. Wobei der von mir so genannte raumlose Raum in erster Linie einmal ein poetischer, das heißt einer innerhalb der Imagination ist, aber wiederum einer solchen, die längst praktische Relevanz hat.

      Von Imaginationsräumen zu sprechen, ist dabei selbstverständlich nichts Neues; sie aber an Raumlosigkeit zu binden, erlaubt etwas Ähnliches, wie es der Begriff schuldloser Schuld für die Nazi-Nachgeborenen unternimmt. Meine Terminologie ist aber erst dabei zu entstehen… ich ziehe sie nach und nach aus den Ergebnissen meiner bisherigen poetischen Arbeit ab. Und die kann man ja nachlesen.

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