Paul Reichenbachs Samstag, der 22. Dezember 2007. „Wir sollen uns nicht mühn.“

Es ist ganz ruhig. Rauhreif an Bäumen, auf Straßen, täuscht Schnee vor.
Die letzten Einkäufe liegen bereits Stunden zurück. Paul freut sich, dass sie wiederkommt. 19.00 muss er am Bahnhof sein. R, nur auf dem Sumpf gedeihen Lilien, schickt noch eine sms. „ Müh dich nicht und bleib gesund, ich melde mich spätestens im Mai. Und SIE, auf dem Weg nach Zürich, steigt gerade ins Flugzeug. im Handgepäck Pauls Geschenk. Cellini liest vielleicht , jetzt in diesem Moment, eine traurige Novelle von verzweifelnder Vitalität, was wird Laura machen, wie wird Bruno das Jahr beenden und wann können wir den nächsten Roman von ANH lesen? Wo ist eigentlich Katanga und wo wird in diesen Tagen der blaue Bus halten, wer steigt zu? – Die Welt ist viel zu jung, könnte Marina gesagt haben, als dass da einer käme. Dort wo das Wasser rückwärts fließt,/ Am Ufer eines Flusses/Ergreift die Scheinhand fest/ Den Schein einer andern Hand.

Wir sollen uns nicht mühn .
Allen gute Tage.

Errichtet keinen Denkstein. Laßt die Rose
nur jedes Jahr zu seinen Gunsten blühn.
Denn Orpheus ists. Seine Metamorphose
in dem und dem. Wir sollen uns nicht mühn

um andre Namen. Ein für alle Male
ists Orpheus, wenn es singt. Er kommt und geht.
Ists nicht schon viel, wenn er die Rosenschale
um ein paar Tage manchmal übersteht?

O wie er schwinden muss, daß ihrs begrifft!
Und wenn ihm selbst auch bangte, dass er schwände.
Indem sein Wort das Hiersein übertrifft,

ist er schon dort, wohin ihrs nicht begleitet.
Der Leier Gitter zwängt ihm nicht die Hände.
Und er gehorcht, indem er überschreitet.

( Rainer Maria Rilke)

2 thoughts on “Paul Reichenbachs Samstag, der 22. Dezember 2007. „Wir sollen uns nicht mühn.“

  1. …nicht mühn. ‚Es ist ein ganz jämmerlich Ding, dass der Mensch dem nachläuft, was ihm doch selber nachliefe. Er läuft nach Kummer und Sorgen und das läuft ihm doch selber nach. Es ist, als wärer er immer toll, und machet sich Unruhe.
    Liesse er sich genügen, so hätte er Ruhe‘.
    (Jakob Böhme)

    ‚Sich genügen‘ – scheint mir das große Los des Lebens. Doch oft findet sich bei der Ziehung eine Niete in der Hand und man muss ’sich schicken‘.
    Ich schicke Ihnen jedenfalls, lieber Herr Reichenbach, ganz frank und frei meine guten Wünsche für das Fest. Die Zukunft wird eines 🙂

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