5.06 Uhr:
[Arbeitswohnung. Scelsi, Trilogia für Violoncello solo.]Das ging bis nachts um eins mit dem Profi, hier: viel Musik haben wir gehört und Sänger verglichen, wir mochten gar nicht aufhören, in den Schätzen zu stöbern; schließlich landeten wir bei Goulds erstaunlicher Interpretation der späten Klaviersonaten Haydns, da sagte ich, jetzt muß ich aber wirklich los. Drei Stunden Schlaf dann drüben, die Babies im Arm, jetzt wieder hier und zurück an den Bohème-Text. Mir im Blick steht auf dem zweiten Arbeitstisch noch die Flasche Weins mit den zwei Gläsern. Als ich eben eintrat, hab ich erst einmal CDs, Cassetten und Platten wieder zurückgeräumt, weil eigentlich auch ohne sie schon kein rechtes Durchkommen mehr ist. „Bei Dir wird’s immer voller“, sagte der Profi, und ich tat skeptisch in Aussicht, daß ich mal ausmisten müsse, um irgendwie neuen Platz zu schaffen. Übrigens w ä r e der, brächte ich es über mich, einmal die Küche durchzustrukturieren, die fast nur als Abstellraum dient; d a ließe sich an einer Wand nämlich noch einiges unterbringen; es wäre sogar für ein Frühstückseckchen Platz, das ich aber ja gar nicht brauche.Wenn ich die Arbeitswohnung betrete und das Cello da am Boden sehe, muß ich beglückt lächeln – wir haben vorübergehend zwei, weil gestern das „eigentliche“, neu geliehene, mit der Post ans Terrarium kam, so daß ich das kurzfristig ausgeliehene der Musikschule zurückbringen kann. Aber ich mag die Leihfrist von einem Monat gerne ausnutzen, was wegen der Hausachfahrt morgen und der Spanienreise am Ende nächster Woche leider gar nicht möglich ist. Wenn ich aber so weitermache, so weiter Lust am Üben habe, dann, ja, ich spiele mit dem Gedanken, auch für mich eines bei dem Instrumentenbauer auszuleihen, ein volles dann, für Erwachsene. Dann ließe es sich mit meinem Jungen-zusammen übend musizieren…
Jetzt aber an den Text. Um halb zehn muß ich wieder hinüber; danach steht der ganze Tag im Zeichen der Geburtstagsfeier meines Sohnes – eine Schnitzeljagd inklusiv.
(… ach so, Nachricht aus Heidelberg, ja, das war auch noch: Die Virtuelle Werkstatt als Einrichtung der Universität und unter meiner Leitung sei von der Fachschaft bewilligt worden, allerdings erst ab dem Wintersemester 2008/09. Das bringt mich jetzt, der Kontinuität halber, in die Lage, die Werkstatt erst einmal hier unentgeltlich weiterführen zu müssen; was ich tun werde, wenn auch, der Fachschaft gegenüber, leicht knirschend. Grund der Entscheidung war mal wieder irgend ein inhaltsfremder Formalismus oder aber die Kleinbürgerlust an der Macht: um „ein Beispiel zu setzen“, daß man nicht immer noch auf den letzten Drücker Lehraufträge einbringen solle. Ich frage mich; weshalb denn nicht, wenn es die Sache lohnt..? – als wäre diese Welt nicht schon genügend verplant, vor allem angesichts des Umstands, daß die Uni Geld genug hat. Doch das verliert man lieber ums kameralistische Prinzip, als auf andere Prinzipien zu verzichten.)
9.41 Uhr:
[Schnittke, Zweites Cellokonzert.]
Mit dem Rohling fertig geworden. Ich habe nun auch den richtigen Titel: >>>> East Side Story. Allerdings bin ich einen Tuck zu lang.
Ich packe jetzt zusammen und radle, das Cello auf dem Rücken, ans Terrarium.