Und keine schwarzen dabei. Nein, ich war heute nirgends, auch nicht bei Ikea, wie gestern angedacht. Nur Zigaretten mußte ich kaufen gehen, was ich zu Fuß erledigte. In der betreffenden Bar ein paar ältere Männer an den Tischen, schauten auf zum Fernseher, in dem die übliche Sonntagnachmittagsverblödung und mir kalt über den Rücken lief, den ich ihm zuwandte, wartend auf die Bedienung. Zu Hause wartete der abgestellte PC – nein, nicht auf mich, sondern darauf, von mir mal nicht wieder angeschaltet zu werden. So hielt ich’s denn auch. Und las einfach nur Hölderlin. Im letzten Band der Werkausgabe, der den Turmjahren gewidmet ist. Bzw. ich las Waiblinger und das, was er zu Hölderlin Kluges und Menschliches zu sagen gehabt. Bis es dunkel wurde draußen, und ich dachte: „Sieh an, auch Montecampano will des Abends huldigen mit seinen paar Lichtern.“ (Das Dorf, das nur über eine Stichstraße von hier aus zu erreichen ist, von dort dann geht’s nur mit dem Blick weiter, aber anders wohl nicht.) Diese Lektüre hatte viel Rührendes und Aufrührendes. Und ich mußte mehrmals an meine eigenen Jahre denken und an die jetzige Zeit. Vermessener Gedanke: ich bin ja kein Hölderlin. Aber es gibt in den menschlichen Beziehungen Dinge, die übergreifend sind, und in ihren Intensitäten vielleicht nur verschieden sind, aber nicht in ihren Auswirkungen auf ein wie immer vorhandenes Inneres. Es ist in Allem ein Warmes und ein Kaltes. Euer Majestät ergebenster Diener. Wofern es Ihnen an Mißhelligkeiten fehlt, will ich mich dessen gern freuen, weil es mich im Widerscheine an das gemahnt, was das Dasein auch sein kann, ein nämlich nicht Unangenehmes. Zuweilen, manchmal, den Umständen entsprechend und überhaupt.
„wenn hölderlin in seinem turm unruhig wurde, pflegte ein freund ihm griechisch vorzulesen: ‚…sodann aber schrie er mit krampfigem lachen: das versteh ich nicht! das ist kamalattasprache!‘ kalamatta: der ort, an dem der griechische freiheitskampf gegen die türken begonnen hat. kamalatta: in gebrochener und silbenverdrehter sprache verbietet sich hölderlin die offene rede von der freiheit.“
… drittletzter absatz…
„Einmal, erzählte er [Conz] mir, bückte sich Hölderlin über ihn her und las einige Verse aus dem Aeschylos herunter. Sodann aber schrie er mit einem krampfigten Lachen: „Das versteh’ ich nicht! Das ist Kamalattasprache“.“
Wilhelm Waiblinger: Friedrich Hölderlins Leben, Dichtung und Wahnsinn (Friedrich Hölderlin: Sämtliche Werke, Briefe und Dokumente, hg. v. D.E. Sattler, Bd. 12, 1806-1843, S. 144)
Danke für den Zusammenhang, was Kalamatta betrifft.