Die Dschungel. Anderswelt.

Heftiger kalter Wind von Norden, eben Tramontana. Auf der Fahrt zum Füttern der Tiere, mit denen ich einst zusammengelebt, mußte ich die Geschwindigkeit drosseln, weil der Wind mich merklich Richtung Mittelstreifen drückte. Das Haus empfand ich wie schon die anderen Male, da ich diesen Dienst übernommen, als nicht mehr meins. Es fehlt jeglicher Affekt. Auch wenn ich alles wiedererkenne, es zuzuordnen weiß. Aber von mir ist da nichts mehr. Ich habe alles mitgenommen. Nur die Bäume stehen zwangsläufig noch da, vor allem die Olivenbäume, die wir pflanzen ließen damals. Der einzige wunde Punkt ist und bleibt der Hund, der mich natürlich wiedererkennt und mir seine ungebrochene Zuneigung zeigt, die ich ihm gern erwidere. Aber mehr als eine halbe, eine ganze Stunde halte ich es dort nicht aus. Selbst einen größeren Spaziergang mit ihm zu machen, ist mir deshalb unangenehm, weil ich Jemandem begegnen könnte, dem ich dann etwas erklären müßte, woraus nur Verlegenheiten entstehen würden. Das also geht nicht. Meine Tage und meine Nächte sind hier – mit mir. Das zu merken, brauchte ich auch wieder einen Monat seit meiner Rückkunft aus dem Urlaub. Wenn ich „mit mir“ sage, meine ich meine Mitte. Die Kugel mag alles sein, aber ich bin die Kreisfläche, die entsteht, schneidet man diese Kugel entzwei, wo auch immer. (Um ein in den Anmerkungen zu Celans Nachlaßprosa von diesem erwähntes Kepler-Zitat im Zusammenhang mit dem Begriff „Meridian“ auf mich zu minzen (mit -i-)). Und wo meine trigonometrischen Punkte sind, weiß ich ja. Sie liegen fast auf einer Linie: der Bildschirm, der Monte Soratte, und wenn ich das so sage, weiß ich, wohin ich projiziere, wenn ich die Linien weiterdenke. Der Stuhl vor all dem ist mein Körper in meiner Wohnung. – Gestern allerdings war’s spät geworden fürs Tagebuch und für meine Schreib-Bereitschaft. Ein verschobenes Geburtstagsessen bei den Neffen (nun ja, bei deren Mutter, denn die Beiden mußten wiederholt von der Playstation herbeigerufen werden, an der sie eine weiße Mannschaft gegen eine rote Mannschaft mit dem Ziel hin und her bewegten, so etwas wie einen Ball in so etwas wie ein Tor hineinzubugsieren).