Arbeitsjournal. Donnerstag, der 21. Februar 2008.

5.09 Uhr:
[Arbeitswohnung. Berio, Laborintus II.]
Sogar die AEOLIA-Fahnen bin ich gestern abend noch angegangen, nachdem ich meinen Sonntagzeitungstext auch der Geliebten vorgelesen, die keine Enwände hatte; ich warte jetzt auf des Profis Meinung, bevor ich nachher abgeben werde. Für AEOLIA bin ich fast schon entschieden, den Titel noch einmal zu ändern, nämlich in AEOLIA. GESANG (statt „Aeolia-Gesänge“); mir scheint das besser zum Homer zu passen; außerdem reflektiert es stärker den Aspekt des durchlaufenden Gedichtes. Und mir fiel – dauernd gehen Konzepte durch meinen Kopf – für das Konzerthaus und die projektierten Nachtkonzerte eines der Konzerte ein, die man da bringen sollte; ich bin der Überzeugung, jedes von ihnen sollte sich ironisch oder pathetisch vom normalen Sinfonie-Betrieb absetzen. Dieses ginge so: Bach, Suite für Cello solo I, Erster Satz, dann Britten, Suite für Cello I, Erster Satz, dann Bach, Suite für Cello soli I, Zweiter Satz, Britten, Suite für Cello solo I, Zweiter Satz undsoweiter: man verschränkte also Stücke ineinander, die nicht ineinander gehören, sich sehr wohl aber aufeinandern beziehen. Auf diese Weise stellte man ein klingendes Kontinuum her, das mit „der Musik selber“ zu tun hat und nicht mehr so sehr mit den Namen. Die ja doch längst labels sind. Ganz ähnlich wäre ein Konzert wieder aufzunehmen, daß Willem Mengelberg einmal mit dem Concertgebouw gab: Mahler, Sinfonie Nr. 4 – Pause – Mahler, Sinfonie Nr. 4. Oder aus der Erfahrung mit der Spanientournee: Mozart, Zugabenstück – Bruckner VI – Mozart, Zugabenstück. – Dann hätte ich gern eine Reihe, die KONFRONTATIONEN heißt und ganz verschiedene Musikrichtungen miteinander korrespondieren läßt: Rock, Klassik, Jazz, Barock (hä!: „BaRock“), Folk, Pop, Neue Musik, alles in einem einzigen Programm von anderthalb/zwei Stunden. Usw. Auf diese Weise bände man geschickt den Event-Mainstream eines auch jugendlichen und jungerwachsenen Publikums an ein durchaus „ernstes“ Programm zurück und könnte zugleich Verbindungen herstellen, die objektiv sowieso wirken. Es wäre auch eine schöne Nagelprobe auf die vorgebliche Gleichwertigkeit von U und E. Sie sehen, in mir geht alles ganz weiterhin um.
Ralf Schnell schrieb mir eine Email: er brauche wie von den Beiträgern des ANDERSWELT->>>> horen-Sonderheftes („Sünder“heftes tippte ich grad) die Beiträge, so von mir nunmehr aus >>>> ARGO die Textbeispiele. Das ist dann noch mal Arbeit. Ich werde das ab Sonnabend/Sonntag heraussuchen. Immerhin läuft d a s, wie auch das AEOLIA-Buch nun, indes die bei >>>> dielmann publizierten (publiziert sein sollenden) Bücher immer noch ungewiß zu sein scheinen; jedenfalls erfolgt weder auf meine Anrufe noch auf meine an- und anfragenden Emails eine Antwort. Ich werd nun doch langsam unwillig. Damit wenigstens ein Teil der für dieses Jahr geplanten Publikationen real wird, werd ich mich jetzt auch ziemlich schnell an die Druckfassung der >>>> HEIDELBERGER VORLESUNGEN für >>>> Manutius setzen müssen.
Bei wikipedia wiederum hab ich gesehen, daß da jetzt die >>>> Platzwarte aufgetaucht und am Werk sind, Einträge herauszunehmen, die über meine Arbeit da drinstehen, und zwar mit der Argumentation, daß Weblogs wegen ihrer stetigen Veränderbarkeit nicht als Quelle angegeben werden können. Ich verstehe das Grundproblem; es hat aber einen eigenartig bürgerlichen Witz, daß ausgerechnet eine Enzyklopädie, die sich dem Netz verschrieben hat, weniger mit den Grundbedingungen des Netzes umzugehen weiß, als unterdessen die Deutsche Bibliothek, die Weblogs als Publikationsorgane ja nunmehr anerkennt und auch bibliografiert, was Bedeutung genau für diese Zitierbarkeitsfähigkeit h a t. Plötzlich überholen die bürgerlichen Medien und Nomenklaturen die scheinbar basisdemokratischen Wissensspeicher. Das wiederum wäre eine eigene Betrachtung in der >>>> Kleinen Theorie des Literarischen Bloggens wert.

Sehr unruhige Nacht; das Zwillingsmädchen, immer noch hustend und hustend und außerdem wieder zahnend, schrie teils wie am Spieß und war auch nicht durch die Zahnungscreme und die Zahnungstablettchen zu beruhigen, auch nicht durch engsten Körperkontakt. Dafür hat der Bub, und trotzdem, nahezu durchgeschlafen; mein Junge, nebenan, sowieso. Ich bin jetzt dennoch hellwach und mehr als arbeitswillig. Gestern war ich noch einigermaßen dekonzentriert, ein heftiger Testosteronschub tat sein Eigenes dazu. Seit die Grundarbeit an ARGO und an den BAMBERGER ELEGIEN sowie AEOLIA abgeschlossen ist, also nicht mehr erfunden, sondern nur noch überarbeitet wird, zerfällt meine Arbeit in lauter kleine Module, auf die sich solche Schübe nicht zentrieren lassen, weshalb sie ablenkend und nicht, wie sonst immer, anheizend wirken.

12.41 Uhr:
Den Artikel noch einmal durchgeschaut, zweidrei Stellen revidiert, mit dem Profi telefoniert, abgehakt, dann an die Sonntagszeitung weggemailt. Das war gegen halb elf. Seither die AEOLIA-Fahnen korrigiert. Auch das ist fertiggeworden. Noch die Anmerkungen und Quellen zur Einfügung aufgeschrieben: emails geschrieben dazu. So daß ich mich jetzt ganz beruhigt zum Mittag schlafen legen kann. Nachmittags muß ich fotokopieren radeln und die Fahnen zur Post bringen. Fotokopieren muß ich eh, auch wegen des Testamentes meiner Mutter und der nunmehr neuen Nachlaßverwaltung und -richtung, die ich qua jure nicht mehr bin.

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