7 Uhr:
[Arbeitswohnung. Rebecca Saunders, rubricare für Orgel und Streicher.]
Eben erst an den Schreibtisch gekommen. Hatte gestern abend Filmabend am Laptop, erst mit meinem Jungen, danach >>>> Ridley Scotts American Gangster in der ungekürzten Fassung, die über 2 ¾ Stunden dauerte, so daß ich erst nach zwei Uhr im Bett lag; um halb fünf aufzustehen, war demzufolge nicht möglich. Vier Stunden Schlaf brauch ich nachts nun schon.
Ich mache mit den Musiken für das Hörstück weiter, hör mich jetzt durch die beiden CDs, die mir meine Regieassistentin Schimansky im WDR gebrannt hat: Stücke von Juliane Klein und Rebecca Saunders, beides Empfehlungen Bernd Leukerts. Imgrunde steht meine Entscheidung aber schon fest: es wird höchstwahrscheinlich ausschließlich bei Musiken Galina Ustvolskajas bleiben. Andererseits, wenn mich nun ein Musikstück der beiden anderen Komponistinnen für das Hörstück „schlagen“ sollte, würde ich noch umdisponieren; aber wirklich nur dann, wenn es nicht nur gute Musiken, sondern solche von einer so großen Kraft und zugleich für die Fritz passend sind (darauf vor allem kommt es an).
Gegen Mittag werde ich anfangen können, die ersten Takes zu schneiden, so daß dann am Montag alles parat ist, ins System eingespielt und collagiert werden zu können (was ich aber erst für Dienstag und dann vor allem für den Donnerstag vorhabe, wenn auch die Sprechfugen im Kasten sein werden). Des weiteren werde ich heute alle Sprecher noch einmal anrufen, Fragen klären, vor allem die Termine der nächsten Woche endgültig klären und festklopfen, was auch mit dem WDR-Zuständigen für die Besetzung abgeklärt werden muß; also auch da: Telefonate.
Eine böse, bittere Nachricht gestern nacht über den Jungen eines guten Freundes; ich schrieb früher schon, daß das Kind (er ist gerade fünfzehn geworden) in die Neo-Punk-Szene abgerutscht ist, trinkt, randaliert, völlig aus dem Ufer läuft. In der Nacht zum ersten Mai wurde er verhaftet und ins Gefängnis gesteckt, mit 1,6 Promille und nachdem er Polizisten angegriffen hatte; ein Verfahren wegen schweren Landfriedensbruches soll folgen. Mir schnürt das das Herz; ich will mit dem Profi telefonieren, ob man und wer dann helfen kann. Argumenten scheint der Junge aber nicht mehr zugänglich zu sein. Es ist ganz fürchterlich.
10.15 Uhr:
[John Cage, Quartette I-VIII.]
Bin vollkommen verwundert und, ja, benommen von diesen acht kleinen Quartettstücken John Cages (und entsinne mich, wie er vor an die 25 Jahren im Theater im Turm neben mir saß, in seinen Jeans, mit Jeans-Jacke, lächelnd, still); die Stücke klingen einerseits nach mittelalterlicher Musik, werden andererseits vom Ensemble Resonanz fast romantisch aufgefaßt und gehören doch ganz deutlich ins Umfeld der minimal music, aber eben einer, die von enorm sinnlicher Zärtlichkeit ist. Dagegen dann der massive Bruch auf der CD zu Juliane Kleins fünfgezacktem Ensemblestück, jetzt eben, Schlagwerk, eine insistierende Oboe usw. – massiv, dann ein Rufton. Für die Marianne-Fritz-Produktion eignet sich beides nicht. Es wird bei der Ustvolskaja bleiben.
Und eine SMS von >>>> Dielmann erreichte mich gerade: „Sie sind da! Und schön sind sie sehr.“ >>>> MEERE, endlich wieder als Buch. Wenn ich das erste Exemplar hierhab, annoncier ich die Ausgabe in Der Dschungel.