Ab in den Rheingau. 09.07.2008. Paul Reichenbach zitiert Lisette Nees v. Esenbeck.

Wer kennt das nicht? Die Stunden vergehen, hinterlassen keine Spuren im Gedächtnis, und blickt man zurück, scheint es, als hätte man nicht gelebt. Der gestrige Tag verging wie im Flug, und doch ist nicht von ihm zu berichten. Sicher, ich könnte über die Benzinpreise räsonieren oder über die Tatsache, dass sich diese Woche noch keine Gelegenheit zum Schwimmen bot. Aber warum sollte ich? Einer kleinen Lethargie, deren Ursache eine Art Erschöpfung ist, seit 2 Wochen habe ich noch eine Urlaubsvertretung am Hals, gebe ich heute einfach mal nach. Und schreibe jetzt nichts mehr und lass Lisette Nees von Esenbeck, eine Freundin der Günderrode, für mich sprechen, die in einem Brief vom 11. Juni 1804 an Karoline von Günderrode folgendes feststellte:
„… Die Verhältnisse der Bürgerlichkeit sind überall beengend und jede Berührung mit Menschen heißt dem freien Schwunge der Liebe die Flügel kürzen. Nützlichkeit ist ein Bleygewicht an dem Adlerfluge der Phantasie….“

Man kann nicht jeden Tag Unmögliches wollen, die Günderrode ist daran gescheitert, wie wir wissen. Ihr 202. Todestag jährt sich am 27. Juli. Eine gute Gelegenheit wieder einmal in den Rheingau zu fahren wird sich hoffentlich schon vorher, in den nächsten Tagen, ergeben. Ein Gläschen Riesling hat bisher immer geholfen eigene Trägheit zu überwinden.

9 thoughts on “Ab in den Rheingau. 09.07.2008. Paul Reichenbach zitiert Lisette Nees v. Esenbeck.

  1. Die ‚Lieblichkeit‚ des Rheingaus kann nicht hoch genug gestapelt werden 🙂

    „Der Rheingau hat mich hervorgebracht, jener begünstigte Landstrich, welcher, gelinde und ohne Schroffheit sowohl in Hinsicht auf die Witterungsverhältnisse wie auf die Bodenbeschaffenheit, reich mit Städten und Ortschaften besetzt und fröhlich bevölkert, wohl zu den lieblichsten der bewohnten Erde gehört.“

    Aus der Abteilung ‚Romananfänge…‘

    1. Wie wahr!

      Allerdings ausgesprochenen „sauren“ Naturen, wie z.B. Clemens von Brentano, der den Rheingau seltener als Goethe, obwohl von dort stammend, besuchte, waren Wein und Gegend offenbar zu lieblich. So zogen sie es vor, statt ihre Gesinnung durch lieblichen „Rheingauer“ veredeln zu lassen, die Selbige mit der Lektüre eines >>>Herrn Eisenmenger zu verderben, dessen Buch Das »Entdeckte Judentum«, eine antisemitische Schmähschrift sondergleichen, den Nachttisch von Clemens von Brentano lange Zeit „geziert“ haben soll. Peter Hacks erzählt dies, – wenn ich mich recht erinnere, sprach montgelas einmal davon, – in seiner Schrift „Ascher gegen Jahn“.

    2. Nun, lieber Paul, lässt, was einer liest noch lange nicht auf seine Gesinnung schließen. Aber bei Clemens v. Brentano liegst Du mit Deiner Vermutung sicher nicht falsch. Nachzulesen hier :>>>>>Martina Vordermayer: Antisemitismus und Judentum bei Clemens Brentano. Peter Lang Verlag, Frankfurt a. M. 1999. 300 Seiten, 45,50 EUR. ISBN 3631344759

    3. Der Rheingau ist sicherlich Kulturlandschaft schlechthin – dafür hat allein schon der Weinanbau gesorgt. ‚Schein‘ selbst wohnt übrigens am Rhein und zwar genau in jenem Landstrich, von dem Rudolf Heß einmal gesagt haben soll: ‚Die Gegend zwischen Bonn und Koblenz wollen wir schonen, denn da wollen wir selber wohnen‘! Gottseidank ist diese Rechnung nur zu ihrem guten Teil aufgegangen. Zwar kann ‚Schein‘ von seinem Fenster aus nicht gerade ‚Schiffen winken‚, aber immerhin ist es jetzt ziemlich genau ‚Viertel nach Vier‚ und das ist doch auch schon was 🙂

    4. Da wohnen sie ja schön! Und ich kann nur hoffen, dass Kästners Verse nicht Sie betreffen. 🙂

      Sachliche Romanze

      Als sie einander acht Jahre kannten
      (und man darf sagen: sie kannten sich gut),
      kam ihre Liebe plötzlich abhanden.
      Wie andern Leuten ein Stock oder Hut.

      Sie waren traurig, betrugen sich heiter,
      versuchten Küsse, als ob nichts sei,
      und sahen sich an und wußten nicht weiter.
      Da weinte sie schließlich. Und er stand dabei.

      Vom Fenster aus konnte man Schiffen winken.
      Er sagte, es wäre schon Viertel nach Vier
      und Zeit, irgendwo Kaffee zu trinken.
      Nebenan übte ein Mensch Klavier.

    5. Meine ‚Mütze‘ ist mir jedenfalls nicht ‚abhanden‘ gekommen, wie unschwer zu erkennen ist und meine ‚Stöckchen‘ schmeiß ich grundsätzlich weg 🙂

    6. Ganz ohne Stöckchen mag gehn,

      fehlen würde erst etwas, sähe man ‚Dr. Schein‘ ohne Mütze/Hut. Morgens vorm Bäcker z.B. : Ihr ‚Hut‘,’lüftet sich leis, grüßt, schwebt im Wind,‘…nur kurz, um dann wieder den bekannten Platz (zu bemützen) zu behuten. Da grüßt unsereiner selbstverständlich zurück. 🙂

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