5.45 Uhr:
[Arbeitswohnung.]
Gestern noch bis 22 Uhr am Cello gesessen, irgendwas stimmt mit der D- und A-Saite nicht, die scheppern leise, aber hörbar nach; das nervt. Bis 18 Uhr eigentlich nur die Lektoratsergebnisse übertragen und weiterbearbeitet; das heißt: wenn >>>> Dielmann etwas zu monieren hatte, das ich einsah, wenn sich aber nicht gleich eine Lösung fand, habe ich je „bearbeiten“ oben auf das Gedicht geschrieben und die fraglichen oder fragwürdigen Stelle angestrichen, auch schon mal Lösungsideen oder Lösungsrichtungen dazugeschrieben. Das führt jetzt dazu, daß ich manches Gedicht noch einmal strukturell aufribble und neu forme. Wie weit das gehen kann, dafür ist >>>> Belgrad ein gutes Beispiel. Im Fall d i e s es Gedichtes schien es mir gestern auch nötig zu sein, „Belgrad“ zeitlich zuzuordnen, denn zwischenzeitlich war ja schwerer Krieg in dem Land, und der Eindruck, den das vor fast dreißig Jahren entworfene Gedicht bislang gemacht hat, war als Gegenwart zu revidieren. Auf manches komme ich überhaupt erst, nicht schon während des Lektorates. Insofern ist, was ich gerade tu, bei einigen Gedichten noch einmal ein vollständig neuer Arbeitsgang, der viel Zeit schluckt. Ich mach jetzt auch gleich damit weiter.
Wenn ich >>>> Cellinis Tagebucheintrag von heute nacht lese, kommen mir meine eigenen Sörgchen wirklich nur noch diminutiv vor, sowohl die in der Seele als auch die sowieso schon längst mit mir verwachsenen finanziellen. Ähnlich geht es mir mit Diotima, deren >>>> letzter Tagebucheintrag auf mich jetzt fast alarmierend wirkt, so daß ich mir leichte Sorgen mache, weil seither nichts mehr von ihr zu hören war. Daß auch Malos plötzlich schweigt, scheint damit zusammenzuhängen.
Ein neuer Rezensionsauftrag kam rein, wieder für den WDR; kein neues Hörstück aber ist in Auftrag, Zenke ist nicht mehr beim Deutschlandfunk, Filz vom SWR antwortet nicht auf Anfrage-Mails usw. Mit Eisenhauer überlegt, ob und inwieweit ich meine neuen Hörstück-Ideen nicht selbst produziere und dann direkt an die Sender verkaufe – oder auch einfach nur in kleinen Editionen Hörbücher daraus mache. Was ich brauche, ist ein Tonstudio, um die Sprecheraufnahmen durchzuführen, alles andere ginge direkt hier am Computer, Mischen, Montage, Musiken usw. Aber ich kann ja derzeit nicht mal die Kronen bezahlen, die mir verpaßt werden müßten; der Kostenvoranschlag des Zahnarztes liegt ungeöffnet hier; besser ich schau erstmal in den Brief noch nicht rein.
6.15 Uhr:
Soeben >>>> eine spannende neue Site entdeckt, die dann auch gleich auf z.B. Kracht und Kunkel (klingt wie ein Firmenname KRACHT & KUNKEL, und doch wären kaum zwei Autoren unterschiedlicher) weiterrverlinkt. „Das Konkrete“ ist überaus poetisch; >>>> Kunkel hingegen, wenn man bei ihm liest, legt seinen Finger sehr genau auf die Wunde(n).
6.48 Uhr:
Und >>>> n o c h einmal ergänzt/perfektioniert. Eine der für mich höchst spannenden Erkenntnisse meiner Lyrik-Arbeit besteht in der Bemerkung, daß Reimwörter quasi irgendwo im Gedicht stehen können und es dennoch zusammenhalten; sie an den Schluß eines Verses zu stellen, ist fast zu aufdringlich.
22.11 Uhr:
[Am Terrarium.]
Nachricht von der Linda Reisch: Wir bekommen die Zwillinge im nächsten Jahr in Daniel Barenboims Musikkindergarten. Fein. Ich selbst, heute abend mit den Kleinen alleine, während mein Junge bei seiner Freundin (!) ist (ah! bin ich stolz), habe gerade eben das Cello beiseitegelegt; länger als bis 22 Uhr darf ich hier ja nicht üben. Ich habe heute auch wirklich ein Einsehen: Etüden auswendig zu lernen, macht einen irren Spaß, aber ganz sicher nur einem selbst, keinem Nachbarn: immer und immer wieder dieselben Phrasen zu wiederholen, trotzig, erbittert, noch einmal, und noch einmal, und noch einmal – bis sie sitzen. Ich bin da nicht unterzukriegen, meine Nachbarn sind es aber ganz sicher.
haben sie da in ihrem eifer etwa schon die saiten des cellos durchgespielt? (manchmal löst sich der ganz fein aufgezwirbelte draht um die saiten – kaum sichtbar, muss man sehr genau hinschauen; dann sind sie in auflösung begriffen, die saiten. schnarr-potenziale gibts aber auch zwischen steg und saitenhalter …)
@sirenomele. Die A-Saite ist ganz neu (Larsen), die davor riß nach nach vier Monaten. Ich habe eine Neigung, hart zu spielen; meine Lehrerin schätzt das nicht, aber ich schätze es; es entspricht mir. Doch ich mag auch Janos Starker. Ich bin nach meinen fünf Monaten noch ein schreckliches Greenhorn auf dem Instrument, aber ich weiß sehr genau, was und wie ich es eines Tages spielen will.
Seit heute früh war das Schnarren übrigens weg. Es gelang wirklich ein K l a n g. Aber als ich den Spielort wechselte, war auch der Klang fort. Die Dinge atmen mit dem Einssein.
… oh ja. ich persönlich habe ja keine gelegeheit verpasst, in unmöblierten räumen zu spielen und versucht, die wände des eigenen zimmers, so weit es geht, freizuhalten …
@sirenomele. In meiner Arbeitswohnung, die außer dem Flurchen und der Küche nur aus einem Zimmer besteht, sind sämtliche Wände voller Bücher – das ist ein sehr schöner Klangraum deshalb, ohne irgend einen Hall. Der Boden ist aus Holz und ein Schwingboden, das kommt dazu (wenn ich allerdings Schallplatten auflege, muß ich deshalb auf Zehenspitzen gehen und möglichst barfuß oder in Socken)..
… dann haben sie ja eine auch ganz praktische vorliebe zur trockenen akustik, die sich also an bücherregalen nicht stört und auch beste voraussetzung für die gehörbildung ist. ich mochte halt die zusätzliche resonanz des raumes, die dem eher dünnen klang der violine zugute kommt, aber das cello sicherlich nicht braucht. – sie sehen, sie haben meinen emphatischen anteil an der sache und ich wünsch ihnen da alles gute. vergessen sie nur das schreiben und die welt nicht dabei 😉 !
Akkustik hin oder her, Raum mit Matrazen an den Wänden, oder nicht; wen oder was juckt das schon, wenn man dagegen nur einmal die Möglichkeit erhielte einem Musiker bei der Probe über die Schulter schauen zu dürfen. – Ich gebe ihnen hiermit die Gelegenheit, doch bitte beschweren sie sich hinterher nicht, dass es ihnen nicht gefallen hat, denn es war ohnehin nur ein kleines Mißgeschick, und allein für einen sehnsüchtigen Sommernachtstraum Namens „Oh, allerliebstes Cello(lini)“ bestimmt! Nichts genaues weiß man halt nicht.
Ach, so, hier ist das Liedchen
der versprochene Link nachgereicht Tears in Heaven, oder tierisch nahe am Abgrund
funzt nicht < a href=”http://dhc-abgrundtief.blogspot.com/2008/07/milungender-versuch.html“>Tears in Heaven, oder tierisch nahe am Abgrund
Leerzeichen vergessen! < a href=”http://dhc-abgrundtief.blogspot.com/2008/07/milungender-versuch.html“>Tears in Heaven, oder tierisch nahe am Abgrund< /a >