…
Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick,
die Braue, Pupillen, die Lider –
Was war das? Vielleicht dein Lebensglück …
vorbei, verweht, nie wieder… (Tucholsky)
>>>>Es gibt Dinge, Sachverhalte, Haltungen, die falsch werden, wenn man sie öffentlich macht. Schon eine Mail, weil sie ja einen Adressaten braucht, um Mitteilung werden zu können, hat öffentlichen Charakter. Die zu Worten geronnenen Gedanken, einmal dargelegt, dargestellt, verwandeln sich bei den Empfängern, den Lesenden in Urteile, die aus der Vorratskiste eines eigenen ge– oder misslungenen Lebens gekramt werden. So wird Eigenes zur Projektion Fremder, das wir nur deshalb für mitteilungswürdig erachten, weil wir glauben uns erklären zu können. Jede Darstellung trifft auf eine Vorstellung. Ein Gefühl, ein Gedanke oder ein Urteil des Absenders weckt im Empfänger die immer wachen Hunde verfestigter Vorurteile. Kommunikation, ohne Blick und Gestik, ohne haptische Erfahrung, kann auf diese Weise zu einem einzigen kommunikativen Desaster werden, das Übereinstimmung oder auch Diskrepanz halluziniert. Beide, Absender wie Empfänger, befeuert der Irrtum, dass Sprache ein Werkzeug ist, dessen man sich, um verstanden zu werden, nur zu bedienen braucht. Diese Art Mechanikerethik leugnet das erotische Geheimnis der Worte, die, ob gestammelt oder weit ausschweifend, Adressaten suchen. Sprache will Berührung. Das aber ist unmöglich. Worte können gesagt, gesungen, gehört, geschrieben oder gelesen werden, anfassen aber kann man sie nicht. Wir haben heute ein Kommunikationsrepertoire zur Verfügung, das biegsam unglaubliche Turnübungen vollführt, die mit ihren Salti und Rädern seine defizitäre Situation vertuschen. Die Welt gründet sich auf Missverständnisse. Dass im Anfang das Wort gewesen sein soll, hat schon Goethe irritiert. Im Anfang und vor dem Anfang und wiederum vor diesem war Berührung. Es gibt Dinge, Sachverhalte, Haltungen, die falsch werden, wenn man sie öffentlich macht. Q.E.D.
Leider musste das ursprüngliche Bild aus Urheberrechtsgründen gelöscht werden. Den Link zur Künstlerin habe ich folgerichtig dann auch gelöscht.
…also doch die ‚Tat‘! Ich bin von deren Ursprünglichkeit völlig überzeugt.
Lieber Dr. Schein , in der Tat die Tat ? Meinten Sie damit etwa Gretchens Himmelfahrt oder dachten sie an die Vertreibung von Baucis und Philemon??
Weder noch! Ich denke in aller Unschuld an Taktiles 🙂
Der Sinn biblischer Aussage ist m.E. ein anderer
und erschließt sich als solcher erst,
wenn man sie nicht fragmentiert.
Am Anfang war das Wort.
Und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort
(Joh. 1,1)
Der Mensch kam erst viel später –
und im Moment seines Entstehens
tatsächlich durch Berührung.
Dass auch das Wort berühren kann,
steht außer Frage.
Jedoch setzt das nicht den Unterschied
zwischen Impulsmacht und Impuls außer Kraft.
Außerdem sollte man nicht ganz vergessen,
dass jene Aussage eine neutestamentliche ist.
Und somit eine sehr späte –
gemessen an früheren Aussagen,
die längst nicht so kopflastig waren.
Das Johannesevangelium gilt gemeinhin
als das jüngste, intellektuellste und spirituellste Evangelium.
Die eigentlichen Anfänge
(also von Menschen als solche schriftlich festgehaltenen)
waren um Längen bodenständigerer Natur.
Ich danke Ihnen auch hier für die kritische Ergänzung und empfehle in diesem Zusammenhang, sofern Sie es noch nicht kennen, Michel Serres’ Buch: >>>>Die fünf Sinne: Eine Philosophie der Gemenge und Gemische. In ihm ein Text über das „fleischgewordene Wort“, das Ihrer „Johannes“ – Auffassung nahe kommt.
Vielen Dank für diesen Tipp.
Ich kannte das Werk noch nicht –
es hat mir anregender- wie bestätigenderweise
geraume Nachmittagsstunden versüßt.
Und ich stimme Ihnen zu:
Herr Serres trifft von mir gemeinten Nagel
zwar ein wenig umständlich,
aber dennoch recht präzise auf den Kopf.
Danke! 🙂
es heisst, sprache komme aus der geste. aber auch literatur verfehlt ihre berührende wirkung nicht. aber sie ist ja auch kein zweckrationales mittel der kommunikation. und selbst, wenn die seele spricht, die seele nicht mehr spricht. wenn die seele schweigt, ist keinem geholfen und berührung nicht selten damit völlig entrückt. mit den seelen ist es wie mit den panzerechsen, man sagt ihnen unglaubliche intelligenz nach, allein, der beweis muss noch erbracht werden, so lange sie schweigen. ich stretche mich und nehme schwung.
Die Tat liegt in der Berührung.
Aktäeon war unschuldig und dumm. Die Seele ist, um empfinden zu können, an den Leib gekoppelt, der das Wort nicht braucht. Der Göttin sei Dank, die auch die Echsen schuf. 🙂 Apropos >>>Echsen >>>>u. anderes Getier. Ja – Literatur ist schön, auch wenn sie Mieterin einer Schlupfbude ist, wo Melpomene, Thalia, Euterpe und Erato Pegasus zureiten und dafür noch kassieren. Im Treppenhaus ein riesiger Strauss „Blumen des Bösen. Violett. Alle Dichtung heißt Esmeralda. „Berührung“ ist da oft und lässt man sich ein, sind die adrianischen Folgen absehbar.
Ihr „schwung“ ist hier angekommen …
Ja – Sprache kommt aus der Geste. Die Sinnkraft des einfachen Vorgangs, dass sich zwei Menschen in die Arme schließen, erreicht kein sprachlicher Ausdruck. (W.K.)
mein leibseelchen braucht ganz dringend auch die worte in der umarmung, und mir scheint, literatur wäre nicht, wenn es einigen anderen nicht ähnlich ginge.
ich verstehs manchmal nicht, ist s die dialektik, ich käm nicht so leicht auf die idee, das eine gegen das andere ausspielen zu wollen. man denke an andersens märchen, die arme seejungfrau, die ihre stimme gibt für die beine und täglich wie auf messern ging. was macht der dusselige prinz, liest es ihr leider nicht von den augen ab, was sie ihm eindringlich zu funken versucht, der depp. dass sie es ihm nicht geschrieben hat, denn hände hatte sie ja doch, bleibt ein rätsel.
„adrianische Folgen“, wenn Sie das nicht
leverkühn formuliert haben, herr reichenbach! was wären denn diese folgen andres als die musik des unterganges zu kompinieren*…?diadorim, vergessen Sie nicht, daß andersens havfrue die einzige wasserfrau ist, die ihren platz in der schöpfung verändert – vom wasser- zum luftwesen –, gerade durch das, was sie nicht sagen und nicht schreiben kann. denn die liebe zum prinzen kann sie nicht dem geschriebenen wort anvertrauen, das, einmal geschrieben, unweigerlich mutterlos und den unwägbarkeiten des äußeren lebens ausgeliefert gewesen wäre. achten Sie also genau auf die worte, welche Sie in der umarmung hören…
* ein Tippfehler? „komponieren“ wollte ich schreiben, freilich dachte mein ES offenbar gerade an einen gemeinschaftlichen trunk. sei’s drum, ich laß‘ es stehen.
lieber aik ich wusste mal was untergang ist – ich hielt es nicht fest und vergass es.
es war aber definitiv für mich seinerzeit verständlich – um nicht zu sagen – es
war ein echter flash.
weil ich gerade andersweitig an sie dachte, poste ich das nun stante pede :
was ist untergang ?
sagen sie aber bitte nicht ein etwaig gegenteiliges von „aufgang“ – das wäre ja etwas – für eingeweihte nehme ich an – zu plattes.
bitte auch nicht den untergang des abendlandes heranzerren.
naja : dass da in der frau etwas einzigartiges zu erkennen wäre, ist eine sache des noch persönlichen trainings.
die umgebung ist stets mit allem möglichen verbrämt ( auch mit träumen – welcher art oder beschaffenheit auch immer usw.usf. )
nette güsse
sorry aik habs halt vergessen.
( aber war seinerzeit ein mächtiger gedanke, echt – ich kam da irgendwie von nietzsche an den untergangsbegriff ran )
eigentlich bin ich aber auch gar nicht mehr anwesend hier.
also : holla voran : mit den segeln voller wasauchimmer-vorstellung.
also in der musikalischen textur werden verzichter(ische)- und leitfigurative elemente
( -rollenzuschreibungen o.ä. ) gesetzt.
da gab es absagen innerhalb der musik – das war dann sozusagen als absage an hierar-
chien aufzufassen.
( oder wäre so aufzufassen )
das problem der musikalischen verfahrensweise ist ein anerkannt grundsätzliches, das sich leicht in philosphischer theorie – auch des literarischen – spiegelt.
das haben wir scvhon irgendwie erörtert – da sehe ich keine art von novitierbarem.
usw.
gute grüsse.
novitierbar ist ein unbekannter begriff – tausche ihn gegen meinetwegen transzendental
aus.
transzendierbar gefiele mir besser.
usw.
bin ja kein philosoph.
lassen sie sich nicht verwirren.
da bestünde eine art erklärungsnot.
naja.
hauptsache es klingt gut.
knotscher, „hauptsache es klingt gut“. das tut leverkühns musik des unterganges ja nun gerade nicht, wohl aber castorps lied vom lindenbaume im schützengraben… und jetz komm‘ Sie!
ich persönlich nehme aus diesem gespräch schon mal 2 trouvaillen mit: 1. verzichterisch (oder gar: verzichetrfigurativ), 2. novitierbar (beides scheinen mir keine unbekannten begriffe zu sein, sondern vielmehr in den bereich des monastisch-asketischen zu gehören, mit einer prise frische beim zweiten)
untergang ist die katábasis, der abstieg in die tiefen dessen, was nicht mehr unsere welt genannt werden kann (gesamtgesellschaftlich gesprochen krieg als menschlicher ausnahmezustand oder die sozialen bewegungen, welche zu ihm führen. mann, mann, mann). im zeitalter hegels und freuds freilich ins personal-innerliche gewendet: der abstieg/abgang in die (un)tiefen des je eigenen inneren, wobei transzendierbar hier nur die schwelle des acheron ist; tiefen mithin, die unaussprechliches, vielleicht unausdichtbares bergen, musikalisch aber auszudrücken wären. da können Sie meinethalben jetzt absagen an hierarchien einklinken.
kompinieren wir also, lieber knotscher, mit dem blut der schwarzen widder auf alles, was gut klingt…
Ich finde es äußerst schade, dass Du mich vor der Verwendung des Bildes nicht gefragt hast. So muss ich Dich leider bitten, meine Zeichnung umgehend zu entfernen.
Mit lieben Grüßen,
Lymielle
@Lymielle. Ich habe Reichenbach eben angeschrieben, das Bild bitte wieder herauszunehmen.
Entschuldigen Sie.
ANH
http://www.albannikolaiherbst.de
Die Quelle ist doch angeben. „Es gibt Dinge, Sachverhalte, Haltungen, die falsch werden, wenn man sie öffentlich macht.“
Ich finde es schade, aber Ihr Wunsch ist mir natürlich Befehl.
Hätten sie vor der Verwendung meines Bildes gefragt, ob ich diese gestatte, (wie ich in meinem Blog ausdrücklich gesagt habe) hätte ich sicherlich nichts dagegen gehabt.
Da eine sehr schnelle und freundliche Reaktion von Ihnen folgte, können Sie das Bild gerne wieder einbinden. Gegen die Verwendung meiner Bilder möchte ich nichts sagen – aber ich möchte darüber bescheid wissen.
Mit lieben Grüßen,
Lymielle
so sorgt die quelle sich : um ihr versiegen.
Wir bitten nie, wenn wir auf Kunst aufmerksam machen wollen, die wir wertschätzen.
MfG
Paul Reichenbach
Lieber Walhalladada, Lymielle hat ihr Recht geltend gemacht. Das ist völlig in Ordnung und kein Grund, um zu spotten. Finden Sie nicht?
edith Ich habe nicht gespottet, der Quellverweis sollte allerdings genügen!
Es geht in diesen Zeiten nämlich auch zeitgemäßer!!!
das es ist: piraterie vom feinsten aller. nur nüscht eigenes. immer kopieren und sonnen sich im glanz der bedeutung anderer. schattenprodukt des künstlers und bilder und zitate. großzügig die quellen ausweisen und das dann zeitgemäß nennen. in diesen zeiten, die sich modern nennen und nach moder riechen. aber gut und für mich: mit quellen kann ich wenig anfangen, mit nem roten trockenen schon etwas mehr, am meisten mit ideen. schein, verzichte mal ein woche auf kopiertes, nur eine, und fall zurück ins mühen.
rückfall… hier geht ja wohl um relationen, wo text & bild in einem verhältnis stehen. die verfügbarkeit von bildern, musik etc. erübrigt keinesfalls deren verfügbarkeit! wer sich ins netz begibt, kommt nicht drum rum, nämlich kopiert zu werden! so what?
mühe ist, genau so wiene frau, ein unherrliche einrichtung. für die seele des netzes, die und das sie hier reklamiern, hab ich von jeher wenigst respect gehabt. sind eitle, eingebildete, neidische users, die hier brillieren, die sich bloß am schein belustigen, in kleinigkeiten spielen, sich formen durch nachäffung. bloß keene mühe. mühe ist wie der november. zäh. nebelig. grau. und wenn es denn endlich stürmt, ist er vorbei und es ist schon fast weihnachten. aber das ist ein anderes thema. mühe, unser jetziges. mühen sie sich. wenigstens sie.
@knotscher95 Jetzt hör mal auf hier Thesen an die Tür zu kloppen. Herbst hat sich entschuldigt, Paul hat reagiert, Schein edithiert und Du solltest mal halblang. Weihnachten. Denken wir einfach an W. Und ich nehm Dich mit in die Kirche. Kenn den Pastor. Da kommen wir umsonst rein. Ist doch was.
komm, matin, machnebiege, setz dich auf dein nest. und lass uns mal hier, nee ne, allein. was ist eigentlich mit gabi? nee, wo ist der rote …
stabigabi was outshined by evolutionary things. höhere wesen befahlen…
… rechte obere ecke … von wegen, befahlen! hätten sie, sie würden sich wundern was die rechte obere ecke eigentlich sei, akzidenz-bestimmungen des dreidimensionalen raumes, sich um die eigene achse drehen, die lachen sich was, die höheren wesen, wir sollten alle ecken verspachteln, mal schauen was sie dann befehlen…