Göttlicher Horror. 17.12. 2008. Paul Reichenbach sucht Antworten.

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„Gottheiten
können töten,
nicht zwingen.“

>>>>>>Es gibt Handlungen bei denen man sich irgendwie verboten vorkommt, schreibt read An in ihrem Kommentar zum gestrigen Tb-Eintrag. Handlungen also, wenn ich das richtig interpretiere, die deshalb im Geheimnis bleiben müssen.
„Dem Auge das Äußerste zeigen, heißt der Phantasie die Flügel zu binden“, meint Lessing im Laokoon. Die explizite Bildhaftigkeit des Schrecklichen, denkt man an read An und Hitchkocks Marion, bedroht die imaginativen Fähigkeiten des Menschen. Im Geheimnis bleibt für mich auch diadorims „wirkungsmächtige Instanz“, die der „Auflösung im Begehren“ einen Riegel vorschieben kann. Natürlich stört das „Nur“, das ein Umstand ist, der Hitze zu Wärme klein reden will. Ist doch Sprechen über Lust, Liebe, Gewalt und Tod, viel zu problematisch, um selbstverständlich zu sein.

Das eifersüchtige Paar, Artemis und Apollo, kann sich nur in der Gewalt behaupten. Über Aktaion, der auch in Jagdfragen ein Konkurrent der Göttin war wurde schon geschrieben. Über >>>>Marsyas, den Konkurrenten Apollos, dem die Haut abgezogen wird, ist bei Gelegenheit noch einmal zu berichten. Robbie Williams, hierin ganz postmodern, deutet diese Legende in einem Videoclip um. Kein korrumpiertes Jurorenteam von Musen verurteilt ihn zum Enthäuten durch einen Sklaven. In diesem Clip enthäutet Marsyas alias Rock DJ alias Williams, sich selbst.

>>>>>Rock DJ (Uncut) – Robbie Williams bei youtube

P.S. Artemis als Feindin der Literatur , lieber Aikmaier, das ist eine interessante Spur, der nachzugehen sein wird.

4 thoughts on “Göttlicher Horror. 17.12. 2008. Paul Reichenbach sucht Antworten.

  1. @ Paul Reichenbach: tja, die damen und herren lassen sich offenbar zeit mit dem antworten. ich würde freilich auch gern wissen, wie „man sich verboten vorkommen“ kann. wenn ich aber gerade „Ihren“ rock dj mit seiner göttlichen komödien-horror-picture show sehe, wie er sich theatralisch den sweater (ohen haut: nie wieder schwitzen!) auszieht, würde ich ihm doch gern – und ganz ohne konfessionspolemik – den hl. bartholomäus gegenüberstellen: der will sich nämlich in der SIXTINISCHEN KAPELLE seine haut gerade so neckisch über den arm werfen, als wär’s fichtes überzieher (nota bene: reutters, nicht anhs fichte).

    über artemis – die ja, paradox vielleicht – arte im namen trägt, ein andermal mehr.

  2. „Ist doch Sprechen über Lust, Liebe, Gewalt und Tod, viel zu problematisch, um selbstverständlich zu sein.“
    für das sprechen mag es stimmen, gemordet und gevögelt wird trotzdem nicht selten mit einer beiläufigkeit, die die hitze allenfalls noch als impuls mobilisieren muss, vielleicht nicht einmal mehr das.
    das äußerste nicht zeigen. hm. verschiebt man die grenzen nicht ständig, ist am rande des äußersten nicht eine scheibe plötzlich eine kugel?
    sich die schädeldecke aufreissen, um der gedanken willen. längst passiert.
    mythologie ist nicht gerade mein steckenpferd, ich muss immerzu nachschauen, was hatte jetzt noch mal der dings mit der dings, und wessen hunde zerfleischten noch mal wen und warum, und hat die ne hundehaftpflicht gehabt. ich muss es mir manchmal kleinreden, sonst krieg ichs nicht ohne kuhfänger an den richtigen platz verschoben. so kommt es mir vor. und, wenn es da so groß steht, wirkt es manchmal doch monströs zimperlich. natürlich ist lust ziemlich unfassbar, aber, wenn man wen drei mal ergießen lässt, wird es nicht eindringlicher dadurch, sondern vielleicht doch eher niedlich. (wobei, ich verstehe schon, der physiologische vorgang ist damit gar nicht mal schlecht abgebildet, aber wenn da nun ergoss und ergoss und ergoss steht, dann liest sich das unfreiwillig komisch, wenngleich man ein bild vor augen hat, das ganz gut trifft). die kritik trifft jetzt jemanden, der es sonst immer versteht, sein sprechen bis dorthin zu führen, wo das äußerste einen neuen suppenrad markiert. so nicht. nein. ich habe den größten respekt. nur als ein mir noch präsentes beispiel, das zeigt, wie schwer es wirklich ist.

    menzel hat sich bei den kritiken zu seinem eisenwalzwerk aufgeregt, dass man wieder von der schmiede des vulkans faselte, wo er doch reale arbeitsabläufe, hard work, zeigen wollte. kling klagte bei grünbein mal ähnliches ein, angesichts der sandalenpoesie. auch nicht ganz gerecht. aber manchmal wäre das äußerste doch, die problematik mal zu benennen, statt sie zu übertünchen. wiewohl natürlich jede benennung sich leicht eine verklärung einfängt und untermalt ja eh schon alles ist.

    1. Danke.

      Danke read An, danke Herr Aikmaier und danke diadorim für die wunderbaren Kommentare. Im Grund ist jede Benennung, jede Form von Namensgebung, Vorurteil, Urteil oder Verklärung. Sprache – selbst mittelos – umkreist, fast mittellos, algorhitmisch eine Mitte, deren Fixpunkt ständig wandert und flieht. Kling hat Recht, was Grünbein betrifft. Grünbeins allzu devote Haltung gegenüber alten Formen stiehlt seiner Poesie Widersprüche und Fragen. Gewissermaßen, das liest sich jetzt selbst widersprüchlich, hegelt er mir zu sehr.

      P.S. Und natürlich bedanke ich mich auch bei ANH, Dr.Schein, knotscher und stabigabi.

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