Wo soll ich mich hinkehren ich armes Brüderlein? singt es in einem deutschen Volklied, Uhland hat es, glaube ich, bearbeitet. Wo soll ich mich hinkehren ich armes Brüderlein? im nächsten Jahr? Wo einkehren, rasten, wo und warum sprechen, schreiben, wie lieben? Nie habe ich mich so weit von mir entfernt gefühlt, wie in diesem alten Jahr. Auch im Neuen Jahr wird mir das Leben nicht zum Indikativ geraten, fürchte ich. Wem die naive Gabe geschenkt ist, immer zu wissen, wo es lang geht, wird mich nicht verstehen können .Wer aber weiß, dass Irrtum und Zweifel programmierter Sand im Getriebe ist, der Wellen, Kurbeln, Zahnräder knirschen und Federn springen lässt, wird mich vielleicht begreifen. Das Vorrecht der Jugend ist Anmaßung und Werner Krauss irrt, wenn er in sein Tagebuch schreibt: Im Alter geht die Jugend nicht verloren, jeder Weg ist zugleich ein Rückweg. Das ist mir zu trostlos. Einen Rückweg gehen, ist Umkehr, keine Hinkehr, keine wirkliche Veränderung. Ist Rücksicht, Bewegung in die eigene Vergangenheit, aus der im schlimmsten Fall die Erkenntnis rausrauchen kann, dass außer Spesen nichts gewesen ist. Die Akzeptanz von Zweifel und Irrtum ist nötige Voraussetzung „Vor – Sicht“ (Aikmaier) zu gewinnen. Vor-Sicht haben, vorsichtig natürlich, ist für mich innerer Zuwachs, den mir das Älterwerden beschert. Jugend verzweifelt oft am Zustand der Welt, und im besten Fall sind Barrikaden dann ihre Argumente. Für sie, die Jugend, ist die FRAGE, der Feind in anderer Gestalt, las ich einmal bei Carl Schmitt, allerdings in einen anderen Zusammenhang. Ein Satz, den wir deshalb nicht mögen, weil er jede Rebellion absurd erscheinen lässt. Vom Irrtum wissen und Zweifeln dagegen eröffnet Wege in einen Konjunktiv, in dem sich gut leben lässt, vorausgesetzt wir stören uns nicht am knirschenden Geräusch des Motors. Der leise drehende Lärm des Möglichkeitsinns schärft das Gehör und macht die Sinne offen und wach für ein Hoffen, das relativ erfolgreich tätig werden kann, wenn es sich dem Absoluten verweigert.