7.23 Uhr:
[Arbeitswohnung. Stille.]
Bin erst um sieben Uhr hoch, erst sowas um zwei ins Bett; mein Junge ist hier und schläft wieder auf seinem Vulkanlager vor dem Schreibtisch. Da habe ich nicht nachgedacht: ich werde den Cellounterricht absagen müssen, weil ich den Jungen nicht den Vormittag über hier alleinlassen mag; er hat doch gar kein Spielzeug hier; zumal wird er nicht vor acht/neun Uhr aufwachen, und ich möchte ihm seinen Kakao machen, dann mit ihm frühstücken, halt Vater sein, wozu auch gehört, daß w i r zwei Cello üben; das ist über den Ferienbeging und die Ferien jetzt etwas verschleppt worden… etwas, das er momentan g a r nicht gebrauchen können darf, wiewohl er’s genießt. Eigentlich ist’s logisch, ich habe, tatsächlich, mal nicht nachgedacht; ärgerlich dran ist nur, daß ich so kurzfristig absagen muß, was nicht fair ist. Andererseits sind Ferien, und meine Lehrerin unterrichtet ihre Schüler da eh nur aus goodwill, da mag ich nicht um einen anderen „Termin“ bitten. Ich bin im Februar jetzt so vollgepackt mit Arbeit und Terminen, daß ich die Cellostunden a u c h einterminieren sollte: Am Freitag wird hier das mdr-Fernsehteam wegen des „Kuckucks“ anrücken, auf den ich mich auch noch vorbereiten muß; am Sonntag abend ist >>>> Ariadne-Premiere, über die ich schreiben werde und will, am Montag (9.) führe ich das Zagrosek-Interview, das schnellstens vorzubereiten ist; Dienstag und Mittwoch fahre ich für die MEERE-Überklebungen nach Hamburg zu >>>> marebuch; am 19. ist >>>> Faust-Gounod-Premiere, worüber ich ebenfalls schreiben will; gleich am Morgen darauf muß ich nach Frankfurtmain, um mein >>>> Lyrikseminar im Literaturforum Mousonturm zu geben (da sind noch Plätze frei; wer sich anmelden möchte, >>>> bitte); und wiederum in der Woche darauf muß ich zu einem >>>> Symposion nach Hagen.
Gestern Ewigkeiten durch Google spaziert, mich immer wieder gebückt, etwas auf- und hochgenommen, manches in die Krenek-Notate gespeichert für das Zagrosek-Interview; Briefe dazu geschrieben; heute werde ich sichten und lesen. Dieser Orpheus-und-Eurydike-Blick Kokoschkas hat ganz plötzlich eine Bedeutung bekommen, die offenbar schon vorher dagewesen ist, für mich, was ich aber nicht gemerkt hatte, so daß es mich jetzt auf der kalten Hinterhand erwischt hat. Wenn mein Instinkt mich nicht trügt, ist Kreneks Oper von besonderer Pikanz, insofern Kokoschka seine vergeblich rasende Liebe zu Alma Mahler darin abarbeitet, Krenek aber zum Ehemann der Tochter Anna des Mahler-Paares wird. Kokoschka war Alma Mahler derart verfallen, daß er „In tiefster Desperation (…) bei einer Puppenmacherin in München eine lebensgroße Puppe (bestellte), die Alma in allen Details glich und mit deren Hilfe er sich über den Verlust der verlorenen Geliebten hinwegzutrösten gedachte. Das Ergebnis war verständlicherweise enttäuschend: ein plumpes Gebilde aus Stoff und Holzwolle, das Kokoschka in einer wilden, orgiastischen Party köpfen ließ. So trennte er sich in effigie vom Fluch seines Lebens, Alma.“ Orpheus, bei Kokoschka/Werfel, bringt Alma durch Enthaupten ein zweites Mal um.
Es gibt einige weitere Parallelen, die wie Realisationen von Schicksalsmustern sind.