19. 2. 2009. Begräbnisse.

Isolde >>>> Ohlbaums Fotografien sind angekommen, ich sah sie mit עשתרת durch, weil ich, bat Ohlbaum, diejenigen Bilder aussuchen möge, die ich freigeben will. Die Auswahl ist heikel, „das ist viel zu intim“, sagt עשתרת , „ich bin fast erschrocken, wie sehr man sieht, daß du in Trauer bist.“
Im Gespräch wird mir klar, was die Trauer tatsächlich umgreift: die Trennung meiner Eltern, da war ich vier, hat in mir ein wirkliches Tabu bewirkt: Familien dürfen auf keinen Preis zerfallen; Trennungen der Eltern erlebe ich als einen Kindesmißbrauch, und zwar ganz offensichtlich als einen an m i r: das Kind in mir erlebt ihn erneut, zum zweiten, bzw. dritten Mal einer ganz ähnlichen Situation. Ich muß Abschied nehmen von der tief gefühlten Idee der Einheit von Mutter-Vater-Kind, so lange ich diese Idee nicht wirklich begraben habe, ist ein Weiter nicht möglich. Auch die Bamberger Elegien werden so lange stocken. Das habe ich heute morgen begriffen, und das, wie w e i t das geht, begriff ich, als עשתרת meinen Blick richtete, wie ich diese Bilder anzusehen habe: es ist der Schrecken derer darin, die etwas als unfaßbar Erlebtes wiedererleben müssen. Und müssen nun hinter die Tür schauen, um es zu bannen. Es geht um die letzte, tiefste Aufgabe der Kinderidee von Einheit. Regnen soll es auf den Grabhügel. Und kein Licht soll mehr drauf brennen. Erde soll es, soll verstoffwechselt werden, zurückgehn in den Kreislauf. Weil ich mich dann erst werde freilösen können.

© >>>> Isolde Ohlbaum
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