ich bin immer noch dabei…

…. die vorbereitenden abläufe bis zur narkose zu verarbeiten, ganze 60 minuten brauchen die pflegerInnen dafür. man muß sich mehrere operationsräume vorstellen, an deren räumlichen anfang eine sogenannte „vorbereitungsschleuse“ existiert, in die nacheinander die patienten zur vorbereitung geschoben werden. diese minuten werde ich so schnell nicht vergessen. obwohl der narkosearzt einige wichtige sätze in seinem vorbereitungsprotokoll mit mehreren ausrufezeichen markiert hatte, hielt man sich an garnichts. es wurde nichts berücksichtigt, nichts davon wirklich beachtet. das war so schlimm für mich, daß ich nach 45 minuten doch entgegen der schriftlich von narkosearzt betonten erfordernisse festgeschnallt auf dieser liege lag, und keine luft mehr bekam, ich begab mich in die hyperventilation. man versuchte, mir diese plastikmaske mit dem plastikbeutel auf das gesicht zu halten, ich wehrte mich, wo ich konnte. kein schwein… ähem, mensch sah in dieses vorbereitungsprotokoll. schon allein die tatsache, daß ich zu beginn der vorbereitungsphase in einem kleinen dunklen raum angeherrscht wurde: „sie müssen ihren kittel ausziehen“, brachte mich fast an meine grenzen. dieser pfleger begrüßte mich nicht, stellte sich nicht vor, sondern: „sie müssen ihren kittel ausziehen.“ ich lag dort nicht allein, vier männliche patienten lagen dort auch, bekamen das alles mit. „warum soll ich meinen kittel ausziehen.“ „sie sollen ihren kittel ausziehen.“ „warum soll ich das tun?, ihnen ist schon klar, daß ich dann völlig nackt hier liege?“ „ach, was meinen sie, wieviele nackte körper ich jeden tag sehe.“ „ist mir völlig klar, wieviele körper sie jeden tag sehen, es ist aber mein körper, und den muß nicht jeder sehen, sie auf diese art und weise schon garnicht, und die vier männer da drüben auch nicht.“ „was regen sie sich so auf, ziehen sie ihren kittel aus.“ „nein, das tu ich nicht.“ „ich muß ihnen die elektroden für das ekg auf der brust und am rücken befestigen.“ „das können sie tun, indem sie meinen kittel vorn anheben, die elektroden auf die brust kleben, ich kann mich aufsetzen, dann können sie die anderen auf meinen rücken kleben.“ er ignorierte das, was ich sagte, tat letztendlich garnichts, ließ mich da liegen. kurz danach kam eine schwester: „wieso liegen sie hier?“ „das müssen sie den pfleger fragen, nicht mich.“ sie schob mich dann in einen anderen raum. auch dort lagen männer, aber auch frauen… alle nur von kleinen stoffwänden geschützt. die schwester holte große klettgurte. „bitte noch nicht festschnallen.“ „wieso das denn nicht, beruhigen sie sich, atmen sie durch, es passiert doch noch nichts.“ sie nahm keine rücksicht, der narkosearzt hatte dick und fett in die vorbereitung geschrieben: „nicht festschnallen“, hatte das kurz begründet, dahinter standen die worte: „risiko eines flashbacks.“ es wurde alles ignoriert, ich bekam auch kein beruhigungsmittel, wie zwischen mir und dem narkosearzt verabredet war. ich hatte ihm genau erklärt, was mir vor einigen jahren passiert war, die einzelheiten einer möglichen reaktion von mir begründet, er hatte alles aufgeschrieben, genau festgehalten, wie mit mir als patientin in einem solchen falle umzugehen notwendig ist. immer wenn ich versuchte, eine der schwestern meine körperlichen reaktionen zu erklären, schaute die mich ganz konsterniert an: „aber so schlimm ist das doch garnicht, ihnen passiert doch hier nichts.“ „doch, ich muß mich ausliefern… d a s passiert mir.“ nach 45 minuten war ich in einem derart schlimmen zustand, daß ich nicht wirklich noch ansprechbar war, in dem moment, als man versuchte, meine hyperventilation in den griff zu kriegen, tauchte der narkosearzt auf, der völlig fassunglos meinen zustand sah und registrierte. die schwester anbrüllend: „dormicum 2 x 2… sofort“, keine ahnung welche dosierung er da meinte, spritze er das zeug mit zeitlichem abstand durch meine braunüle, danach ging er mit allen drei schwestern in einen nebenraum, sein brüllen hörten wir alle, die in diesem vorbereitungsraum lagen. nach weiteren fast sieben minuten, ich konnte immer noch klar und deutlich bei verstand auf die uhr gucken, kam er zurück, sah mich an: „scheiße, sie sind ja immer noch da.“ „ja.“ „das ist der stress in ihrem körper, ich gebe ihnen noch eine portion.“ danach war endlich ruhe, zumindest in meinem bewußtsein, was ich dann doch noch mitbekam, war die tatsache, daß ich mit dem kopf abschüssig gelagert, an armen und beinen festgeschnallt auf dem op-tisch lag, und der narkosearzt mir eine kleine durchsichtige sauerstoffmaske in die hand gab: „sie können sie selbst halten… “ „wie denn?“, ich war wirklich zu nichts mehr in der lage, er gab sie mir in die hand: „so… einfach so vor das gesicht halten.“ danach kam der filmriss. die op dauerte fast drei stunden, weitere drei stunden später kam ich auf der aufwachstation wieder zu mir, hörte es immer piepsen: „sie müssen atmen frau ****, atmen sie bitte, sie haben zu wenig sauerstoff im blut.“ immer wieder dämmerte ich weg, immer wieder hörte ich dieses piepsen: „atmen frau *****, sie müssen atmen.“ eine stunde später kam ich auf das zimmer, konnte kaum die augen öffnen, als ich es schaffte, sah ich h. auf einem stuhl sitzen, j. saß ihm gegenüber am tisch. h. hatte tatsächlich den ganzen tag in der klinik auf meine rückkehr gewartet, es tat mir so gut, ihn zu sehen, seine hand in meiner zu fühlen. aber auch j. war da, sie setzte sich still und leise an die andere bettseite: „nicht weinen, schlaf… mach die augen zu und schlaf einfach.“ ich konnte nicht aufhören zu weinen, es waren ganz ganz bittere tränen. ich bekam dann noch einmal ein beruhigungsmittel, als ich wieder aufwachte war j. gegangen, h. saß immer noch da. „ich bin da“, sagte er, nahm meine hand. fast die halbe nacht saß er noch an meinem bett, immer wieder liefen meine tränen, niemand verstand das, außer h.. so um 02.00 uhr verabschiedete er sich dann: „ich muß los, ich muß um 07.00 uhr das studio aufschließen.“ „danke dafür, daß du da bist“, sagte ich leise. er gab mir einen baiser affectueux, der intensiver nicht sein konnte. der narkosearzt kam am nächsten tag noch einmal zur mir: „ich weiß, eine entschuldigung von mir hilft ihnen nicht, sie können sicher sein, daß das ein nachspiel haben wird.“ es tat ihm alles sehr leid, und er war stinkwütend, daß man seine anweisungen so ignoriert hatte. die verletzung meiner oberlippe erklärte er damit, daß das bereitgelegte verbindungsstück des tubus für meinen kleinen kiefer viel zu groß war, es mußte ein kleineres beschafft werden, weil man kein kleineres dazu gelegt hatte. wie auch immer… das alles geschah, als später dann eine visite erfolgte, hatte keiner der anwesenden ärzte eine erklärung für die verletzung der oberlippe parat: „so etwas habe ich noch nie gesehen“, sagte eine ärztin, der gesamte ablauf, der vor der op stattfand, kam garnicht zur rede. einen tag später kam noch einmal eine junge ärztin: „ich hörte, daß sie sich vor der operation sehr aufgeregt haben, warum eigentlich?“ da verstummte ich fast, sagte nur noch: „haben sie sich mal das vorbereitungsprotokoll des narkosearztes durchgelesen?“ „nein“, antwortete sie. „dann tun sie das“, sagte ich. diese junge ärztin tauchte später an meinem bett nicht wieder auf.
letzte nacht hatte ich einen albtraum, wie er schlimmer nicht sein konnte. völlig panisch wachte ich auf, griff an meinen hals, brauchte eine weile, bis ich wirklich wieder luft bekam, und begriff, daß ich wohlbehütet in meinem eigenen bett lag. danach konnte ich nicht wieder einschlafen, machte mir um 03.15 uhr einen kaffee, bis um 07.00 uhr war ich wach, danach schlief ich noch bis 09.30 uhr. dieses gefühl ist immer noch sehr präsent in mir, ich will es immer abschütteln, weil es mich so einengt, aber ich werde es nicht los. die atemmeditation ist dringend notwendig, die lunge, den brustraum, den rücken, den bauch, den ganzen körper mit luft füllen, atmen können…. atmen können….