bin wieder zurück…

…. aber eigentlich immer noch dort. vom wind durchpustet schützten mich immer wieder die großen felsen. die kleinen nahm ich mit… leise kicherte irgendwann meine freundin: „du, nur mal ein zarter hinweis, mein auto verkraftet maximal 300 kg zuladung.“ ich verbrachte stunden am strand mit steine aufheben, anschauen, bestimmen… mal eben so an einem tag 2 milliarden jahre erdgeschichte durchwandern. einen stein in die hand nehmen, wissen, daß man in diesem moment 1,7 milliarden jahre erdgeschichte in der hand hält. das land schleswig-holsteins ist ein erbe von verschiedenen eiszeiten. man muß sich das mal vorstellen, aus 80 cm schnee wird 1 cm gletschereis, die früher über dem land schleswig-holsteins befindlichen glescher waren über 300 meter hoch, für die bildung dieser waren also 24 km schnee übereinandergetürmt notwendig. die gletscher über skandinavien waren 3 km hoch, was eine schneedecke von 240 km höhe voraussetzt. alles wasser der nordsee, die ostsee gab es zu dem zeitpunkt noch nicht, war in den gletschern gebunden, nach england konnte man zu fuß gehen. diese gletscher haben das gestein zu uns gebracht, zerrieben unter dem druck der eismassen, abgesprengt, durch darüber gelagertes gestein abgerieben, durch das wasser geschmirgelt, vom wind glatt gebügelt. tatsächlich schafft es der wind, in verbindung mit sandkörnern, den sogenannten feuersteinen ihre glätte zu geben. egal, wo man am strand der ostsee spazieren geht, nirgends durchwandert man auf so kurze entfernung eine derartige spanne der erdgeschichte. die kraft des eises und des wassers hinterläßt viele spuren im gestein. ich sehe inzwischen genau die schieberichtung des gletschers im gestein, parabelrisse zeigen immer mit der konkaven seite in richtung der gletscherbewegung, sie entstehen, wenn gestein ruckartig über den grund geschoben wird. dann gibt es auch druckmarken oder ausbrüche, die dann entstehen, wenn gestein durch lastenden druck aufeinander gepresst wird. weiches gestein wird zerquetscht, später durch kalk oder kieselsäure wieder gekittet. windkanter begeistern mich immer wieder, weil sandbeladener wind über lange zeit ungestört über freiliegende steine weht. umwandlungsgesteine, also die metamorphite, sedimentgesteine und die magmatite, die vulkanite und die plutonite sind mir die liebsten. schrägschichtungen sehe ich mir immer wieder gern an, ich fand auch drei so schöne xenolithe, es sind reste aus nicht vollständig geschmolzener magma, die häufig in granit eingebettet sind. ich fand auch einen sehr schönen rödö-rapakivi-granit, er ist 1,5 milliarden jahre alt, hat deutliche einschlüsse von plakioklas, auch aggregate von calcit, einen roten särna-porphyr fand ich auch, dieses gestein findet man aber eher selten. ein älterer herr, der mir begnete, fragte mich gleich, ob ich diesen verkaufen wolle… er wäre ein begehrtes sammlerstück. einen recht großen augengneis entdeckte ich im wasser, nahm dafür nasse füße in kauf, die roten feldspatkristalle in den dunklen biotitbändern leuchten geradezu. einen adergneis, ein migmatit, und einen fleckengneis, der auch seltener vorkommt, er wird auf 1,95 milliarden jahre geschätzt, fand ich auch. der ritt auf dem rücken eines pferdes war zwingend, oben auf dem windrad brüllte ich gegen den wind, die sonnenuntergänge spät am abend ließ ich mir auch nicht entgehen, solche bilder haben eine solche kraft, besonders dann, wenn man diese allein in sich aufnehmen kann, meine freundin hatte sehr oft keine lust, insgesamt lief die mit ihr verbrachte zeit aber glimpflich ab… bis zu einem zeitpunkt, an dem ich ihr dann doch ganz dezent meine grenzen aufzeigen mußte, danach lief es wieder ganz gut. ich hatte mich gleich in das dachgeschoß der wohnung verzogen, sie schlief unten, wollte das auch, wollte bei trommelnden regenfüßen nicht direkt unter dem fenster schlafen. an zwei tagen war ich allein am strand unterwegs, es stürmte so sehr, daß ich mich gegen den wind lehnen konnte, er hielt mich. an diesen beiden tagen hatte ich den strand tatsächlich ganz für mich allein. ach ja, einen bernstein fand ich auch, fuhr damit nach burg, dort gibt es eine schleiferei, in der man seine selbst gefundenen bernsteine selbst schleifen und polieren kann, ich hab ihn in ein lederband eingebunden.
das wasser… das leben, der tod, und die ewige wiederholung, immer wieder schlagen die wellen an den strand, ohne sich um zeitgeschichte zu kümmern. mit dem hintern im sand, oder auf dem kies sitzen…. stundenlang auf das wasser schauen, es hören, versinken, alles loslassen, so weit entfernt war alles in diesen tagen.

ich muß mittwoch erst wieder ins büro. morgen fahre ich zu meiner tochter, werde bis dienstag bleiben, bei meiner schwester schlafen. für meine schwester nahm ich sand mit, und einen fast purpur aussehenden porphyr, mit hohem quarzanteil. an diesem gestein liebe ich, daß man die fließrichtung der in der ehemals flüssigen lava eingeschlossenen feldspatkristalle oder quarze, die bereits in tiefer liegenden magmakammern auskristallisierten, noch sehen kann. an der oberfläche erstarrt die lava zwar rasch, die fließbewegung darunter geht aber weiter. die einsprenglinge scheinen in diesem gestein zu schwimmen. für meine tochter holte ich zwei verschiedene sorten sand, kleine steine, und muscheln. ich werde damit ein großes windlicht aus glas befüllen, die kerze kommt in eine gläserne mulde, der sand, die steine und die muscheln werden vom glas eingeschlossen sein.
ja, ich habe kraft getankt… für die nächste zeit. ja, und ich muß da wieder hin, ans wasser. im grunde realisiere ich erst jetzt, also nach fast einem jahr, daß das alles gar keine entfernungen sind. eineinhalb stunden bis fehrmarn. scharbeutz liegt noch näher, bis travemünde sind es mal gerade 70 km. sicherlich werden sich auch orte an küstenstreifen finden lassen, die nicht so stark frequentiert werden. wir hatten glück, auf fehmarn war nicht viel los, in burg zwar ja…. aber oben in wenkendorf, dänschendorf, altenteil, aber auch in katharinenhof war es sehr ruhig, wir kamen auch trotz mehrfach angesagter staus ohne in diesen stehengeblieben zu sein, auf der insel an. bis scharbeutz fuhren wir auf der 432, dann erst auf die a 1, spätestens in großenbrode muß man auf diese straße, wenn man über die brücke will.
ich höre immer noch die wellen rauschen…. der wind weht mir um die nase… ich sehe einen stein, hebe ihn auf, sehe ihn mir an, stecke ihn in die jackentasche… die schritte nicht hintereinander, sondern einen vor den anderen….