Baba Jaga jagt kleine Kinder im Quadrat:

„Eins, Zwei, Drei, Vier Eckstein, alles muss versteckt sein!“

Das brannte sich ein, es war immer derselbe Vorsprung den sie mir ließ und die Gewissheit, sie findet mich. Sie konnte den Milchsäureeinschuss in meinen Muskeln riechen, dessen war ich mir sicher. Ganz schwarz erschien sie mir immer, und ich kann sagen, ich erinnere mich nicht, dass sie mich mit offenen Armen empfangen hätte. Das war etwas so Unmögliches in meiner Vorstellung da ich sie doch nur rückwirkend begreifen konnte, niemals stand sie vor mir.
Nur manchmal glaube ich sie noch sagen zu hören:

Wach auf, Liebchen, wach auf, und lass ihn schlafen, immer noch schlafen, in den gelbgegiebelten Gärten der Zauberin.

Wie an diesem Morgen, als ich hellwach nach der Verschalung des Heizkörpers unter dem Fenster suchte. Ich konnte sie nicht finden, sie war abgenommen, das Innere lag nun in einem großen weißen Oval offen. Draußen regnete es in Strömen, Sturzbäche sammelten sich in den Straßen. Zwei riesige Warane kämpften unten vor dem Haus, rissen sich tiefe Wunden ins Fleisch. Einer von ihnen kletterte die Wand herauf. Mich ergriff eine Unruhe und der panische Gedanke, er könne durch den Heizkörper kommen, an jenen Ort, an dem ich sie einschlug, die Grabgabel in der Wand, hoch über seinem Bett, als ich ihn mehrte, den Schlaf, aus dem geflochtene Zöpfe wachsen, golden, zu ihm herunter, zog es ihn hinein, noch einmal die erdige Ära summend.

11 thoughts on “Baba Jaga jagt kleine Kinder im Quadrat:

    1. Sie Hexe! Nett dass Sie bei mir kommentieren, wollte mich eh schon mal bei Ihnen entschuldigen, da ich Sie einmal ankläffte, tut mir Leid! Wenn Sie´s nicht mehr wissen: umso besser! 🙂 Aber gut dass eine Praxis anbei ist!

    2. Glaube ich Ihnen na, ich merke schon: “… vorder(!) mir gilt es nicht,…”, das stimmt wenn sie es als zeitlichen Strang begreifen, so in Bezug zum Text!
      Und das Finden erfolgt auf einer anderen Ebene, das ist wie mit den Träumen, in denen man fällt, kein Aufkommen.

      Spielen Sie Rollenspiele? Ich kannte einmal eine Hexe, mit Flugsalbe an den inneren Handgelenken und Wahrsagekörnchen, die sie einem reichte, naja,
      “Das Prinzip der Phantasie ist das Spiel.” C.G.Jung

  1. Der Text ist saustark, sehr dicht. Ihn im Einzelnen, gar tiefenpsychologisch, mit seinen Verweisen auf Märchen und Legenden, entschlüsseln zu wollen, hieße ihn seiner Poesie zu berauben. Die Phantasie ist das Auge des Lebens. Das weibliche Imaginäre entwickelt in diesem todernst-heiteren “Zippozauberspiel“ eine sinnliche erotische Sprache, die Gegenbilder zum verbal herrschenden phallischen Reglement entwirft. Der feminine, fast mädchenhaft anmutende Text, wie ich ihn lese, spricht von Ängsten und Lüsten auf eine Weise, der der determinierten erotischen Reduktion männlicher Phantasma, eigene, davon unabhängige Imaginationen entgegen setzt.
    Das Schöne, read An, – für mich als geplagter “Determinierter”-, Sie kommen , auch unterschwellig, ohne jede “feministische Agitiation” aus.

    1. @montgelas Imgrunde lässt es sich auf eine einfache Aussage reduzieren:
      Das Lied ändert sich in der Entwicklung (der Text endet ja auch wieder mit einem), in den Lebensaltern, neue Bilder kommen, alte gehen, aus denen sich die neuen aber entwickelten, und ich glaube die Ablöse ist unter anderem davon abhängig, inwiefern ich mich mit den vorherigen beschäftigte. Ich setze zusammen, wie bei einer Collage. Ob ich ohne “feministische Agitation” auskomme, ich habe keine Ahnung, ganz frei bin ich da warscheinlich auch nicht von, unbewußt! Ach ja, und eines verliert sich ja im Alter, die Fähigkeit die Dinge so anzunehmen wie sie einem erscheinen, das Hinterfragen setzt ein, fast ein wenig schade, genauso wie Kinder noch die Fähigkeit zur Abstraktion besitzen, beim Malen z.B., kleine Picassos. “Das ist das Haus vom Nikolaus und nebenan…”, oder male eine Tanne, dazu brauch ich noch nicht einmal absetzen, klar ich kann ne Tanne auch heute noch so malen aber als Kind war sie so perfekt. Das ist ein Humpty Dumpty Effekt!

    2. Collage ist ein gutes Wort! Es zeigt Klebstoff und Bindung. Schauen Sie doch mal hier, da wird Ihr “Eckstein” besungen:
      http://www.youtube.com/watch?v=Ilx_EfIGNk4&feature=fvw

      Die Aussage, dass der Kinderblick im Alter verloren geht, ist sicher richtig, aber ob das generell gilt, wage ich zu bezweifeln. Die Kunst, auch bei älteren Künstlern, zeigt, dass ohne eine gewisse Infantilität keine Kreativität zu gewinnen ist. Auch wenn das Spiel da ernster scheint, so bleibt es doch ein Spiel.

      Schönen Tag noch…:-)

  2. Wer hat Angst vorm schwarzen Waran? Den Text lese ich jetzt zum fünften Mal, und bin immer noch nicht satt. Ein wunderschönes Kaleidoskop. Solche Dinge zu beschreiben, ohne dass sie bedrohen, vielmehr verzaubern und herausfordern zu mehr, das ist – …
    einfach toll.

    1. Wer hat Angst vorm schwarzen Waran? Ich nicht, ich nicht! Klasse Überschrift!

      Warane wurden früher für Drachen gehalten, also die Komodowarane und ich habe mir überlegt, vielleicht könnten sie Baba Jagas Schoßhündchen sein, die sie einem schickt, wobei die Drachenmytholgie in den verschiedenen Kulturen eine ganz unterschiedliche ist.

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