Arbeitsjournal. Sonnabend, der 28. November 2009. Mit Brahms. Und am Döllnsee.

10.27 Uhr:
[Brahms, Erste Sinfonie.]

Heute ist Erledigungstag. Mit meinem Jungen gefrühstückt, dann brachte ich ihn zur S-Bahn, mit der er zu seinem Freund Tamino fährt, der Geburtstag hat und wo bis morgen frühnachmittags gefeiert werden soll. Ich meinerseits werde endlich den Schreibtisch in Ordnung bringen, zumal das Uni-Geld gekommen ist und ich endlich die dringendsten Rechnungen anweisen lassen kann; das geht über das Konto eines Freundes, weil mich selbst ja keines mehr habe. Aber Miete, Strom, das Übliche halt, aber auch den dreimonatigen Krankenkassen-Rückstand ausgleichen und vor allem endlich meinem Zahnarzt die Rest-Zuzahlung wegen der Brücken bezahlen. Das war mir schon peinlich, daß ich das verschleppen mußte. Auch das Cellogeld für meinen eigenen Unterricht habe ich für Dezember nun wieder; ich möchte auch so wahnsinnig gerne wieder anfangen; es fehlt mir sehr, und ich bin ja tatsächlich gut mit dem November-Arbeitswust fertiggeworden; nur noch >>>> das Hörstück ist imgrunde zu tun – sowie die ersten vierfünf Kinderbuchkapitel stehen, von denen ja bereits dreieinhalb da sind. Das geht an den Verlag. Der sichtet. Sagt er ja, und das wird er, so wie das Ding schon läuft, dann gibt’s den Vertrag und den – Vorschuß. Du jedenfalls bist von der „story” richtig begeistert. Also wenn ich d a s als Richtmaß nehme…

Massen an Weihnachtssüßigkeiten schon mal gekauft eben. Letztes Jahr waren wir so spät dran, daß schon alles weg war. Jetzt sorge ich vor. Die Riesentüte steht in der Küche und wird nicht mehr angerührt werden, bis die direkten Heiligabend-Vorbereitungen beginnen. An die Baumkerzen muß ich rechtzeitig noch denken, das allerdings… S c h on wieder >>>> Weihnachten. Nicht zu fassen. Und daß ich mit der Miete mal pünktlich, nicht nur das, sondern vorpünktlich bin! Ich sag Ihnen, das ist ein wahnsinnig gutes Gefühl.

Welch schöne Mail wieder von شجرة heute früh. Noch zwei Tage, dann bin ich wieder in der Serengeti. Auch dafür ist gleich etwas, allerdings höchst Pikantes, zu besorgen.

Also an den Schreibtisch. Sämtliche >>>> Eigner-Unterlagen türmen sich drauf, dazwischen Rechnungen, dazwischen Post, sehr viel Asche, Videos, die Danz-Unterlagen. Ich brauche einfach mal wieder Klarheit. Übrigens wird Eigner heute >>>> der Preis verliehen. Ich wäre gern dabeigewesen, aber man hat mich, anders als die anderen, die er auf die Gästeliste gesetzt hat, nicht eingeladen. Der Profi, d e r eingeladen wurde, hat nur mit dem Kopf geschüttelt. Er seinerseits, aber, fährt eh nicht hin.

15.19 Uhr:
[Brahms, Vierte Sinfonie.]Alles so gut wie erledigt. Dafür keinen Mittagsschlaf gehalten. Dennoch bislang nicht an die Arbeit gekommen. Aber gleich holt mich der Profi ab. Wir fahren an den Döllnsee bis morgen nachmittag. Sauna, sicher auch schwimmen im kalten See. Essen. Reden. Und, bei uns beiden conditio sine qua non, arbeiten.

21.09 Uhr:
[Am Döllnsee.]
Immer noch nicht gearbeitet. Aber drei Stunden, etwa, Sauna. Das Häuschen direkt auf einem Ponton überm See, der saaaauu-kalt ist. Also auf das Brett und reinspringen, nicht lange zaudern; zuerst denkt man, man spinnt, so aufgeheizt, kurz geht die Luft weg, dann holte man, aufsteigend, aus und schwimmt in kräftigen Zügen, erst kraulend, dann brustschwimmend, zur allernächstesn Leiter, die wieder hinaufführt. Beim zweiten Mal ist es dann schon die entferntere Leiter.
Ich hatte die Wirsingsuppe mitgenommen, im großen Topf, die ich gestern gekocht hatte. Die haben wir eben gefuttert, ich drei Teller voll, dazu die Knackwurst, den Laib Krustenbrot hab ich ebenfalls mitgenommen, auch davon ein fette Scheibe in mich hineingeschlungen. Dazu Bier. Und jetzt Old Monk, indischen Rum, sehr süß und sehr stark.. Meine Pfeife hat den Profi aus der Küche vertrieben, er wolle eh noch arbeiten; aber guckt fern. Ich habe während des Essens die Wind- und Baumgeräusche, die ums Häuschen pfeifen, aufgenommen, den Rekorder dazu auf die kleine überdachte Terrasse gestellt; ich denke: hier bekomme ich genau die Naturtöne, die ich für das Danz-Hörstück brauche.
Steigt man die Stufen des bewaldeten Handes zum See hin hinab, leuchtet einem bald, wie von dem See selbst, ein Fenster des Saunahäuschens entgegen; als wir gingen, leuchtet es uns hinterher. Eine Seltenheit ist zu vermelden: Drei sehr schöne Frauen waren da, sie mochten aber deutlich unter sich bleiben. Im Dunklen leuchteten auf dem Ponton ihre rasierten Mösen… nein, leuchteten nicht, sondern glänzten; „glänzten”, das ist das Wort. D’Annnzio schreibt von einer im Roman Geliebten: „sans plume… wie die Venus von Pharos”. Hab ich nie vergessen, seit ich das las. Il piacere.

Werde noch ein bißchen von den Danz-Texten ins Typoskript übertragen, vielleicht etwas ans >>>> virtuelle Seminar gehen heute abend. Über das Weitere des Kinderbuches hab ich mit dem Profi nur gesprochen; da kamen noch ein paar hübsche Ideen heraus. Außerdem von Danz geschwärmt; >>>> „Serimunt” hab ich dabei. Er las drin, war ebenfalls entzückt. Vor allem aber: überrascht: „Wie?! Sowas… und derart jung?” „Es ist so gut wie nie eine Frage des Alters”, sagte und glaube ich.

Ich merke meinen Kreislauf, vor allem an den Augen. Die gute Müdigkeit wieder, Erschöpfung wie nach sehr viel Sport; die Lider verkleben sich. Wir schätzten die Wassertemperatur auf zwischen 8 bis 12 Grad. „Ist aber nicht gesund”, sagt der Profi, „da so aufgeheizt voll reinzuspringen.” Er zieht die seitliche Leiter vor, langsam, dann untertauchen. Mir liegt das Schock-Training mehr, zumal das Sprungbrett fast ein Dreier ist. Dann Liegestütze. Der Wind pfeift, das Schilf sirrt. Und ein Dreiviertelmond, der nicht recht hell wird, weil wilde Regenwolken drunterdurch fetzen. Alles vom Feinsten. Und شجرة schreibt: „Gefällt mir, die Vorstellung, Ihr beiden geruhsam auf dem Lande.” Am Montag werde ich sie in den Armen halten. – Bin mit EDGE im Netz, schneller geht es hier, „auf dem Lande”, nicht. Immerhin besser als GPRS. – Wo is’n das Feuerzeug?

[Bruckner, IX (Zagrosek).]

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