Heute 5

An der Jugendstilfassade gegenüber dem Fenster rechts von mir: Lavoro (an einer Spindel zupfendes Mädchen (einen Mann, auf eine Schippe gestützt, nannte man einst ein Arbeiterdenkmal)) : studiare. Scienza (weiß nicht mehr was, möglich, daß die Figur einen Akademikerhut trug) : sapere. Der Rest Grotesken. Hinaufschauen lernen, denn zuvor besah ich mir die Ausflügler: es begann heute das lange Wochenende der Unbefleckten Empfängnis. Auf dem Teller Porchetta. Spanferkelfleisch. Unfreiwilliger Ausflug nach Orvieto gestern, weil der Bus dorthin MM hatte sitzen lassen, er nicht wußte, wie nun dort hinkommen, um geschäftlich mit einer reichen Schwedin, der dort in der Nähe ein Landhaus gehört und in Schweden eine halbe Insel, über seine Gartenpläne zu reden, und in letzter Not dann mich anrief. Stadtflüchtige auf der Autobahn Richtung Norden, dichter, manchmal zäher Verkehr. Aber eine Stunde reichte dennoch bis Orvieto. Und hörte nur halb auf die englische Konversation, auch weil ich die Schwedin nicht immer gleich verstand. Einfach eine kleine Auszeit bei schönem Wetter auf der Autobahn und im Städtchen ein Sich-Verlieren vor Nippesläden, immer auch wieder hinschielend zu Domfassade. Den Gedanken, dass ich hätte am Schreibtisch sitzen müssen, vermochte ich mühelos der Situation zu entziehen. Am Abend dann die Geburtstagsfeier. Wie immer im Oberstädtchen auch die Kinder wieder dabei. Eine Mutter brachte ihren noch funkelnagelneuen Nachwuchs mit: Fulvio. Dass er fulvo werde, wünschte ich ihm. Fuchsrot nämlich, in einem irgendwie übertragenen Sinne. Wahrscheinlich meinte ich etwas blitzartig Präsentes. Und mit ihren Kindern zunächst tanzten die Frauen. Auch sonst kein wirkliches Gebalze: die kleine Stadt bietet keine Weitläufigkeit. Tasten. Denn man trifft immer dieselben. Eine fast schon geschlossene Gesellschaft. Tatsächlich mal die Gelegenheit, mich mit M.L. zu unterhalten. Der Wechsel aber zwischen kaltem offenem Fenster (Raucherecke (Nube sagte sie, heiße sie, Wolke, die aus Kolumbien, da am Fenster)) und Fast-schon-Schwitzen wegen gewisser musik-bedingter Bewegungen. Die zwei Glas Wein Meditation noch hier auf dem Sofa, das Entschlummern in der ungeheizten Wohnung. Das Niesen und Naseputzen heute. Es lief der Rotz. Und Sylvia ungnädig: Ein paar Stunden, Tage oder Monate später schreibt er dann ritsch-ratsch das Gedicht runter. Was bedeutet’s? Ich weiß nich – Sag du doch. […] Schnellkochtopf-Dichtung. Meint einen gewissen Ralph Rogers. Dunno. Prätentiöses „dunno“ bei mir heute wegen des Angebots am 20.12. öffentlich was vorzulesen im Städtchen. Steckt nämlich die Lega Ambiente dahinter, wovon da gestern drei lokale Vertreterinnen waren: humstidumsti Allblack & former times may not have been able to get better chances for the „All you need is love“-stuff. Gnafo‘, sagt der Römer und meint: nicht zu schaffen bzw. is‘ nich‘. Hole to jump in tomorrow: Ich kann nur noch darüber staunen, daß all diese Artikel und Geschichten auf der Vorstellung beruhen, daß leidenschaftliche und spirituelle Liebe das einzige ist, was sich in dieser Welt lohnt… (Plath, Die Tagebücher). Selbstverständlich gibt es noch keine Lösung für das dunkle Arbeitszimmer und die Gaskontrolle. Auch darum zuviel geniest heute.

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