Die Fahrt wird in der einen Kurve kurz vorm Parkplatz unterhalb der Stadtmauer aus braunem Tuffstein eh’ langsamer. Heute ist dort in dieser Kurve ein Parkplatz vor einem der Stadttore eingerichtet. Die Rede ist von Tuscania. Damals, als ich >>> dieses schrieb, war dort eine Baustelle, auf der ich auf dem Weg ans Meer, um dort eine Zigarette zu rauchen, im Auto aufwachte. Vor mir hatte ich ein rundes blaues Schild mit einem weißen Pfeil, der wahrscheinlich nach links unten gerichtet war. Vorn am Auto eine unangenehme Delle, die ich dann nie mehr reparieren ließ. Unterwegs hatte ich eine Flasche Marsala getrunken. Ich fuhr trotzdem weiter, um diese eine Zigarette zu rauchen, obwohl ich den Grund noch nicht wußte. Weil ich einen anderen im Hinterkopf hatte. Als ich, noch in Rom lebend, den ersten Autoatlas von Italien kaufte, faszinierte mich schon dieses Fleckchen im Norden Latiums, da war nichts außer Tuscania, keine weiteren Ortschaften in einem riesigen Umkreis, als wäre dort das Zentrum einer wüsten Gegend. Tatsächlich hört irgendwann die Schnellstraße hinter Viterbo auf, dann geht’s auf einer engen und holprigen Straße weiter, wo sich lange Geraden mit heftigen Kurven abwechseln, mit vielen weißen, nach rechts gerichteten Pfeilen auf schwarzem Grund. Wären sie nach links gerichtet, wäre dies als irrsinnauslösend zu betrachten. War aber alles nicht heute. Und freute mich am satten Gelb der blühenden Ginstersträucher, unter denen manchmal auch der Klatschmohn blühte. S. mithin heute nachmittag. Meine dritte Tuscania-Version. Die bessere. Blaues Band im Haar, vor sich den Kulturteil der Zeitung ‚il Sole 24 ore’ (die zwischen rosa und orange spielende Farbe des Papiers), erkannte ich sie durchaus von hinten, obwohl sie einen leichten Mantel trug. Markt-Wochenende im Städtchen, alle Straßen vollgestellt mit Ständen: Nippes, Kitsch, Klamotten & Fressalien. Das sei ein Dichter. Im Vorübergehen. Überlegte kurz im Weitergehen. Was ein Zurückgehen bewirkte. Der Herr war sofort herzlich. Trug am Jackenaufschlag eine Anstecknadel, die Mao Tse Tung darstellte. Er habe, da er ja mal irgendwann Oberrevolutionär des Latiums gewesen, den Herrn mal spazieren führen wollen. Dichter, sprichter, sprichtsie… Er wolle mir ein Buch schenken mit Widmung. Müsse aber erst ein Exemplar holen aus der Wohnung der 92jährigen Mutter, wo er derzeit lebe, auch weil es sich da um ein Kümmern handele. Wir indes würden dort und dort lang gehen. Kam uns dann bald einholen. >>> Ein Buch mehr in der Bibliothek. Von Massimo Lippi, dem Wildspargel- und Pilzesammler. Wie er sich auch definierte. Widmung mit geliehenem Kugelschreiber. Telefonnummer auf ein Papiertaschentuch. Eine Olga kam noch hinzu, die für Filmmusik sorgt. Da ich Zigaretten hatte, brachte ich sie in Verlegenheit, die ich zu zerstreuen versuchte. Wie war das doch gleich am Freitagabend bei MM, der in Ostia Fisch eingekauft: „Che c’hai da accende?“ „Che c’hai ’na cicca?“ „Ma sei ciccio!“ „Se mi dici così, ciccia!“ Wo dann auch noch Virginia Woolf, magra magra, herumlief und absolut entzückend toskanisch sprach!!! „Ich ruf’ dich an“. Meinte er. Taralli gekauft aus der Basilicata und einen Aglianico del Vulture mit einem einladenden Namen: Patos. Beides aus Lavello. Nicht unzufällig die Basilicata (oder Lucania): der Stand stand in der Nähe des Parco di Torre Lavello. Ich werd’ den Wein wohl nicht mehr aufmachen… mit Orvieto angefangen. Dann in die Via Oberdan. Zu S. – Sonst? Perugia mingles a little bit. L’eros della presenza.